Geschacher um Bundespräsidenten-Amt: SPD treibt Preis für Köhler-Wahl hoch
So leicht soll die Union Bundespräsidenten Köhler nicht wiedergewählt bekommen: SPD-Politiker schlagen Gesine Schwan für die Wahl vor - und bräuchten dafür die Linkspartei.
Das war vielleicht ein wenig leichtfertig vom Herrn Bundespräsidenten. Vorigen Sommer, in der letzten Talkshow von Sabine Christiansen, hatte Horst Köhler zur Frage einer erneuten Kandidatur gesagt: "Ein Jahr etwa vor dem Ende der Amtszeit werde ich meine Entscheidung bekannt geben." Ein Jahr vor dem Ende der Amtszeit - das wäre der 23. Mai, also der Freitag kommender Woche.
Sollte der Präsident darauf spekuliert haben, dann über seine Wahlchancen klarer zu sehen, wird er wohl enttäuscht. Union und FDP werden ihre hauchdünne Mehrheit in der Bundesversammlung durch die bayerische Landtagswahl im September vermutlich verlieren. Und die SPD, die als Mehrheitsbeschafferin gebraucht würde, ziert sich noch - und treibt den Preis für Köhlers Wiederwahl hoch.
Die stellvertretende Parteivorsitzende Andrea Nahles plädierte nun für die Wahl einer Frau zur Bundespräsidentin. "Es stünde der SPD gut an, wenn sie die Partei wäre, die die erste Frau ins höchste Amt bringt, das der Staat zu vergeben hat", sagte sie. Wie zuvor andere Sozialdemokraten bezeichnete Nahles die Universitätspräsidentin Gesine Schwan aus Frankfurt an der Oder als mögliche Kandidatin.
Bislang waren Frauen von den Parteien nur dann für den Präsidentenposten aufgestellt worden, wenn sie keine Chance hatten. Das galt für Schwan, die SPD-Bewerberin 2004, genauso wie für die CDU-Kandidatin Dagmar Schipanski, die 1999 gegen den Sozialdemokraten Johannes Rau in ein aussichtsloses Rennen ging. Eine besondere Vorliebe für weibliches Personal hatten in der Vergangenheit vor allem die Kleinparteien, die ohnehin nicht mit einer eigenen Mehrheit rechnen können. So nominierten die Grünen 1984 die Schriftstellerin Luise Rinser, die FDP ließ 1994 Hildegard Hamm-Brücher antreten, für die damalige PDS ging 1999 die Theologin Uta Ranke-Heinemann ins Rennen.
Wenn jetzt von SPD-Politikern der Name Schwan ins Gespräch gebracht wird, droht allerdings auch diesmal eine Instrumentalisierung. Selbst wenn die schwarz-gelbe Mehrheit in der Bundesversammlung dahinschmilzt, gibt es deshalb noch keine eigene Mehrheit für die SPD. In dem mehr als tausendköpfigen Gremium entstünden hessische Verhältnisse. Eine sozialdemokratische Bewerberin bräuchte die Stimmen der Linkspartei, was wiederum als Signal zugunsten des von Parteichef Kurt Beck ausgeschlossenen rot-roten Bündnisses nach der Bundestagswahl aufgefasst würde.
In der SPD ist der wirtschaftsfreundliche Köhler aber alles andere als populär. "Köhler ist in vielen Fragen sehr unpolitisch, er ist zu stark einem ökonomischen Denken verhaftet", sagte der Konstanzer SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Friedrich der taz. "Die SPD ist gleich stark wie die Union und hat ein gleiches Recht auf das höchste Staatsamt." Die große Popularität Köhlers sei kein Argument für einen Verbleib im Amt. "Dann dürften wir auch keinen Wahlkampf gegen Frau Merkel führen."
Die Bundesversammlung setzt sich aus den 612 Bundestagsabgeordneten und einer gleich großen Anzahl von Ländervertretern zusammen. Anders als im Bundesrat stimmen die Länder in der Bundesversammlung nicht geschlossen ab, die Delegierten werden von den Landtagen nach dem Prinzip der Verhältniswahl bestimmt. Erzielt die CSU bei der Wahl im Herbst statt der bisherigen Zweidrittelmehrheit im bayerischen Landtag nur noch eine knappe absolute Mehrheit, wären rund zehn Unionsstimmen futsch - und damit die schwarz-gelbe Mehrheit bei der Präsidentenwahl.
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