Gerichtsurteil: Name her, zum Kuckuck!
Verweigert eine Mutter die Auskunft über den Erzeuger des Kindes, kann Scheinvater Erzwingungshaft fordern.
KARLSRUHE ap/dpa Eine Mutter kann notfalls per Haftbefehl dazu gezwungen werden, einem Scheinvater Auskunft über den tatsächlichen Erzeuger ihres Kindes zu geben. Das entschied der Bundesgerichtshof, nachdem das Oberlandesgericht Jena die Erzwingungshaft zunächst abgelehnt hatte. Das Persönlichkeitsrecht der Mutter wiege nicht höher als das Recht des Scheinvaters, seinen Unterhalt vom Erzeuger zurückzufordern, so der BGH.
Im vorliegenden Fall ging es um einen 1989 unehelich geborenen Jungen, für den ein Mann die Vaterschaft anerkannte und Unterhalt zahlte. Eine heimliche Speichelprobe ergab aber Jahre später, dass dieser nicht der Erzeuger war. Ein gerichtliches Gutachten bestätigte den Befund. Den über 16 Jahre gezahlten Unterhalt wollte er sich nun vom tatsächlichen Erzeuger zurückzuholen. Der Scheinvater verklagte die hartnäckig schweigende Frau auf Nennung des Namens.
Das Landgericht Gera verurteilte die Mutter vor drei Jahren zur Auskunft über den Erzeuger ihres Sohnes und drohte ihr 1.000 Euro Zwangsgeld, ersatzweise zehn Tage Haft an. Als die Frau das Zwangsgeld nicht zahlte und der Gerichtsvollzieher es nicht einziehen konnte, beantragte der Scheinvater, Haftbefehl zu erlassen. Das OLG Jena lehnte das im Oktober 2006 ab, weil damit die Grundrechte der Mutter verfassungswidrig verletzt würden.
Diese Entscheidung hob der BGH nun auf. Die Mutter habe durch ihre ursprüngliche Erklärung selbst die Ursache gesetzt, dass der Scheinvater unterhaltspflichtig wurde. Da nun die Unrichtigkeit ihrer Erklärung feststehe, sei es ihr zuzumuten, den tatsächlichen Vater zu benennen. (Az. I ZB 87/06)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles