piwik no script img

Gericht untersagt PressemitteilungHeimatministerium fern der Wahrheit

Das Bremer Oberverwaltungsgericht stoppt Verleumdungen des Bundesinnenministeriums gegen die frühere Chefin der Bremer Außenstelle des Bamf.

Kein Ort, an dem bewusst Gesetze missachtete wurden: Die Bremer Außenstelle des Bamf Foto: dpa

BREMEN taz | Mit einer vorverurteilenden Pressemitteilung verletzt das von Horst Seehofer (CSU) geführte Innen- und Heimatministerium fortlaufend die Persönlichkeitsrechte der ehemaligen Bamf-Außenstellenleiterin Ulrike B. Am Montag hat ihm das Bremer Oberverwaltungsgericht (OVG) untersagt, weiter zu behaupten, die Revision des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zeige „dass im Ankunftszentrum Bremen bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden“.

Diese Mitteilung verlasse das Prinzip der staatlichen Stellen gebotenen Zurückhaltung, sie sei unverhältnismäßig, ehrenrührig und geeignet, das Bild der Ulrike B. in der Öffentlichkeit „negativ zu beeinflussen“, so das Gericht. Ihr Hintergrund waren Gerüchte, nach denen das Bamf-Bremen etliche Asylbescheide ohne ausreichende Prüfung positiv beschieden hätte. Diese haben sich nicht bestätigt.

Der OVG-Beschluss ergänzt und korrigiert eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 1. August. Damals waren nur von Seehofers Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) abgesonderte, nach derzeitigem Stand der Ermittlungen wahrheitswidrige Bezichtigungen verboten worden, denen zufolge in Bremen „hochkriminell kollusiv und bandenmäßig mehrere Mitarbeiter mit einigen Rechtsanwälten zusammengearbeitet“ hätten. Unangetastet geblieben war indes die Pressemitteilung auf der Homepage des Ministeriums, weil das Verwaltungsgericht irrtümlich annahm, es handele sich um ein Werturteil. Laut OVG ist die Aussage jedoch als eine Tatsachenbehauptung einzustufen.

„Es handelt sich auch nicht um eine bloße Verdachtsäußerung, da die behauptete Tatsache als feststehend und jedenfalls seit Vorlage des Berichts geklärt dargestellt wird“, präzisierten die Richter.

Eine Tatsachenbehauptung zeichnet sich dadurch aus, dass sie bewiesen werden kann. Das aber ist unterblieben: Stattdessen wurde der – mittlerweile widerlegte – Eindruck erweckt, der Bericht könne diesen Beleg liefern. Damit habe das Ministerium den strafrechtlichen Ermittlungen vorgegriffen, befand das OVG. „Es untergräbt damit in der Öffentlichkeit die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Unschuldsvermutung.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Müsste dann nicht der verantwortliche Minister sich öffentlich entschuldigen oder gar zurücktreten? (Eine rhetorische Frage)

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Kappert Joachim:

      Das denke ich auch ,aber irgendwie genießt Minister Seehofer immer noch den Schutz des Verblödeten.



      Aber auch die Medien sind ganz klar in der Mitschuld zu sehen ,da wäre von vielen Print - und Fernseh - Medien eine Entschuldigung angebracht.

      Seltsam ist auch das nie darauf hingewiesen wurde das in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Bayern überdurchschnittlich wenige Anträge positiv entschieden wurden.