Gericht beurteilt G20-Polizeieinsatz: Unbegründeter Polizeigewahrsam?
Am Dienstag wird erstmals das Vorgehen der Polizei gegen DemonstrantInnen beim G20-Gipfel rechtlich überprüft. Der Anlass ist eine Klage von acht ItalienerInnen.
Am Dienstag nun geht es vor dem Verwaltungsgericht erstmals um die Rechtmäßigkeit eines Polizeieinsatzes. Acht ItalienerInnen, die am 8. Juli 2017 in Polizeigewahrsam genommen und in die Gefangenensammelstelle (Gesa) gebracht wurden, klagen an. Sie wurden festgenommen und mussten eine Nacht in der Gesa verbringen, obwohl ihnen kein strafbares Verhalten vorgeworfen wurde.
Grundlage der Kontrolle und anschließenden Ingewahrsamnahme der acht ItalienerInnen am Rande der „Grenzenlose Solidarität statt G20“-Demo am Holstenwall war Paragraf 13 des Hamburger Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Danach darf „eine Person in Gewahrsam genommen werden, wenn diese Maßnahme (…) unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern“. Doch genau dieser Sachverhalt, so die acht KlägerInnen, sei nicht gegeben gewesen.
Die ItalienerInnen fordern nun Schadenersatz. Sie gehen davon aus, dass sie nur deshalb kontrolliert wurden, weil sie in das Profil passten, wonach die Polizei nach südeuropäisch aussehenden DemonstrantInnen Ausschau hielt. Denn bei ihnen vermuteten sie die größte Gewaltbereitschaft.
Nach taz-Informationen verweisen die Beamten auf dunkle Kleidung, die sie angeblich bei den KlägerInnen gefunden hatten. Die ItalienerInnen werfen der Polizei außerdem zahlreiche Schikanen und Grundrechtsverletzungen vor.
Vor Gericht sollen nun mehrere am Einsatz beteiligte Polizisten vernommen werden. Doch warum wurden MedienvertreterInnen darüber nicht informiert – wie es etwa bei den Verfahren gegen Flaschenwerfer der Fall war? Bei den Strafprozessen gegen G20-KritikerInnen informierte die Staatsanwaltschaft Presse und Rundfunk ausgiebig über jedes anstehende Verfahren.
Doch am Verwaltungsgericht gibt es keine Staatsanwälte. Der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Jan Stemplewitz, verweist darauf, „dass das Gericht grundsätzlich die Öffentlichkeit von Verfahren vorab nicht informiert“. Bei Prozessen wie diesem würden „meist schon die Anwälte der Kläger die Medien informieren“.
Passiert das, entscheiden somit allein die Anwälte der Beklagten oder Kläger darüber, über welche handverlesenen JournalistInnen die Öffentlichkeit von einem Verfahren erfährt. Geschieht das aber nicht, ist eine mediale Kontrolle quasi ausgeschlossen.
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