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Gericht beendet LandkonfliktBefreiungsschlag für Indianerland

Brasiliens höchstes Gericht ordnet die Ausweisung von Reisfarmern aus einem Reservat in Nordamazonien an - ein Sieg für die Ureinwohner. Um das Kleingedruckte wird weiter gefeilscht.

Indígenas feiern das Gerichtsurteil: die Reisfarmer müssen das Reservat verlassen. Bild: ap

PORTO ALEGRE taz Am späten Donnerstagnachmittag war es endlich so weit: In einer vielfach als "historisch" bezeichneten Entscheidung wies der Oberste Bundesgerichtshof in Brasília eine Klage um das Indianerland Raposa/Serra do Sol im nördlichen Amazonasgebiet definitiv ab und beendete damit einen seit über 30 Jahren schwelenden Landkonflikt zugunsten der Indianer. Fünf große Reisfarmer müssen das 17.000 Quadratkilometer große Reservat im Bundesstaat Roraima "unverzüglich" räumen, beschloss das Gericht einstimmig.

Zehn von elf Richtern stimmten dafür, das Areal in voller Größe zu erhalten. Der notorische Indígenagegner Marco Aurélio Mello, der im Dezember eine erneute Vertagung des Prozesses erreicht hatte, nahm sich am Mittwoch sieben Stunden, um sein Votum vorzutragen - doch auch das half ihm nichts mehr.

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hatte das Areal an der Grenze zu Venezuela und Guyana, in dem 19.000 Angehörige von fünf Ethnien wohnen, bereits 2005 endgültig den Indígenas zugesprochen. Dennoch weigerten sich fünf der in den letzten Jahrzehnten zugewanderten Großbauern mit Unterstützung fast aller Regionalpolitiker und von Teilen der Justiz, Raposa/Serra do Sol zu verlassen.

Indígenas in der Hauptstadt und in Roraima feierten das Urteil. Der Sprecher der Reisfarmer höhnte, jetzt müsse er sich der Landlosenbewegung MST anschließen. Dennoch war die Freude bei den Ureinwohnern in anderen Teilen Brasiliens nicht ungetrübt, denn auch künftig bleibt Geschäftemachern manches Hintertürchen offen. Durch einige der 19 in der Entscheidung enthaltenen Grundsatzbestimmungen werde die Ausbreitung des Agrarkapitals auf Kosten der Indígenas erleichtert, warnte etwa der katholische Indianermissionsrat Cimi. Vor dem Obersten Bundesgericht sind derzeit 22 weitere Verfahren wegen ähnlicher Landkonflikte anhängig.

"Für ähnlich gelagerte Fälle wie bei den Pataxó-Hã-Hã-Hãe in Bahia, die bereits auf ihrem Land wohnen und deren Verfahren sich auch schon gut 20 Jahre hinzieht, ist das Urteil positiv", sagte der stellvertretende Cimi-Vorsitzende Roberto Liebgott der taz. Auch hat er eine "zunehmende Sensibilisierung mancher Richter und der Öffentlichkeit" festgestellt, doch für eine abschließende Bewertung müsse man auf die schriftliche Endfassung warten.

Rückschritte befürchtet der Aktivist aber auch: "Wenn sich Indianer- mit Naturschutzgebieten überschneiden, werden die Nutzungsrechte der Indígenas beschnitten." Dann sei noch unklar, ob bereits ausgewiesene Gebiete tatsächlich nicht mehr ausgeweitet werden könnten, wie dies manche Richter forderten. "Für die Guarani in Südbrasilien oder die Guarani-Kaiowá in Mato Grosso do Sul, die vor langem vertrieben wurden und an den Rändern der Landstraßen hausen, sind die Aussichten jetzt schlechter", meint Liebgott, "aber bis zur Endfassung gibt noch es Hoffnung, die ein oder andere Formulierung zu verändern."

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