■ Gericht: AKW Krümmel nicht für Leukämie verantwortlich: Rot-grüne Schlafmützen
Jetzt haben wir es sozusagen amtlich: Obwohl Leukämie bei Kindern eine typische Folge radioaktiver Strahlung ist, sollen die elf Erkrankungen auf der dem AKW Krümmel gegenüberliegenden niedersächsischen Elbseite auf keinen Fall auf den Reaktor zurückgehen. So zumindest hat es gestern das Oberverwaltungsgericht in Schleswig entschieden.
Diese richterliche Erkenntnis, die den jahrelangen Expertenstreit um Krümmel juristisch für beendet erklären will, haben die Mitglieder des vierten OVG-Senats in Schleswig allerdings nicht allein gewonnen. Die Behauptung, Krümmel sei kein Leukämierisiko, geben sie in ihrer Entscheidung ausdrücklich als die Einschätzung des schleswig-holsteinischen Energieministeriums wieder und meinen dann, diese sei nicht zu beanstanden.
Das Gericht ist gestern also den Vorgaben des Energieministeriums und damit einer rot-grünen Landesregierung gefolgt, die ja eigentlich noch den Ausstieg aus der Atomenergie auf ihre Fahnen geschrieben hat. Selbst im Energieministerium sitzt ja noch ein Staatssekretär der Grünen, der als politisch denkender Mensch – wenn auch nicht als politischer Beamter, was ja Staatssekretäre sind – immer noch für eine Auszeit für den Reaktor bis zur Klärung des Leukämieverdachts plädiert. Die Genehmigungsbehörde hätte gegenüber dem Gericht natürlich auch erklären können, was der Staatssekretär Wilfried Voigt und mit ihm die Grünen in Schleswig-Holstein eigentlich meinen: Daß weiterhin viele Indizien für den Reaktor als Ursache der Leukämiefälle in der Elbmarsch sprechen, daß auch Niedrigstrahlung Krebs verursachen kann und daß weitere Aufklärung dringend geboten ist. Schließlich sind neben der großen epidemiologischen Studie zum Krebsrisiko um das AKW Krümmel auch noch drei Untersuchungen durch die Aufsichtsbehörde geplant.
Das alles hätte eine Landesregierung, die tatsächlich die Anwohner vor den Gefahren des AKW-Betriebs schützen will, ohne Risiko darlegen können. Schadensersatzforderungen, mit denen die Betreiberseite im Kampf für die Atomkraft operiert, können nämlich nach einer Gerichtsentscheidung auf die Genehmigungsbehörde nicht zukommen. Doch ernsthaft hat das rot-grün regierte Schleswig-Holstein gar nicht versucht, den Reaktor im Leukämieverdacht weiter vom Netz zu halten. Schließlich sind die HEW als Betreiber, die dadurch finanzielle Einbußen erlitten hätten, fest in der Hand der Hamburger SPD-Genossen. Jürgen Voges
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