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Gepreßte Höhen

■ Giacomo Puccinis „La Bohème“ in der Hamburg Oper mit Stimmlagenproblemen

Es hätte so schön werden können: Giacomo Puccinis La Bohème, in alter Inszenierung zwar, aber mit interessanter Besetzung. Leider hielten die Stimmen aber nicht, was Sänger-Ruf und vorfreudiger Programmhefttext versprachen.

Der Abend gliederte sich ein in die Reihe der mittelmäßigen Repertoireaufführungen, die es in der Oper seit Spielzeiteröffnung schon oft zu erleben gab. Diesmal lag es vor allem an Francisco Araiza und seinen unüberhörbaren Höhenschwierigkeiten – für einen Puccini-Tenor ein echtes Problem.

Araiza gab den Rudolfo ab, einen armen Poeten, der meist zusammen mit seinem Malerfreund Marcel bibbernd und hungrig in spärlich möblierter Kammer hockt und schließlich sogar sein selbstverfaßtes Drama verheizen muß. Nur der stets gutgelaunte Musiker Schaunard vermag es sonst mit Wein und anderen Naturalien, ein bißchen Wärme in die Künstlerkommune zu zaubern. Eigentlich sollte Rudolfo bei solchen Gelegenheiten ein weichschwingendes „Ich blick zum Himmel“ anstimmen, sich hoch und höher schrauben. Für Araiza ein schwieriges Unterfangen, und so brachte ihm die erste Arie nicht nur Bravos, sondern auch zaghafte Buhrufe ein. In seiner Sängerehre tief verletzt, heizte Araiza den Beifall an, indem er siegessicher die Arme in die Luft warf und schließlich rief: „Wer buht, soll kommen und es besser singen!“ Mit Oper hatte das wenig zu tun – eher mit Sängerwettstreit. Seine Glaubwürdigkeit als jugendlicher Liebhaber war damit auf ein Minimum geschrumpft und bis zum Ende klang sein Stimme in Spitzenlagen gepreßt. Da auch seine Darstellung sich in wüsten Gesten ins Pathetische verstieg, blieb er der Rolle einiges schuldig.

Auch Miriam Gauci in der Rolle der mausarmen Näherin Mimi hatte nicht ihren besten Tag. Es war ihr erster Auftritt in Hamburg nach ihrer Babypause, und während der ersten Hälfte des Abends kämpfte auch sie mit Höhenproblemen. Erst ab dem dritten Akt waren der typische Gauci-Schmelz und ihre berückend schönen Piani zu hören. Zweifellos bleibt sie die Idealbesetzung für diese Rolle. Schade nur, daß ihr kein schillernderer Partner zur Seite stand. Ergreifend auch ihre Sterbeszene.

Obwohl das Publikum so gerührt wie gespannt verfolgte, wie Mimi langsam und tragisch ihre Partitur aushauchte, konnte dieser große Abgang auch nicht mehr für alle Fistelstimmgesänge oder groben Knödeleien versöhnen.

Christian Carsten

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