piwik no script img

Geplantes Endlager GorlebenKein Segen für Landenteignung

Die Kirche will Enteignungen zur Untersuchung des Salzstocks Gorleben nicht hinnehmen. Und die Linke fordert Aufklärung über Erdgas im Umfeld des geplanten Atomlagers.

Um das Versuchslager herum liegt Wald von der Kirche und vom Grafen - und die wollen sich von ihrem Land nicht trennen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die evangelische Kirche hat am Montag Widerstand gegen die geplante Grundstücksenteignung am Salzstock in Gorleben angekündigt. "Wir werden uns das nicht einfach gefallen lassen", sagte der Superintendent im evangelischen Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg, Stephan Wichert von Holten. Weil sich Kirche und der Waldbesitzer Graf Andreas von Bernstorff seit 20 Jahren weigern, dem Bund Rechte für die Erkundung des Salzstocks Gorleben als Atommülllager abzutreten, konnte bislang nur eine Hälfte des Stocks untersucht werden.

Deshalb plant die schwarz-gelbe Bundesregierung nun, das Atomgesetz so umzuändern, dass künftig Enteignungen möglich sein sollen. "Bei derzeitiger Rechtslage könnte die Weigerung nur eines einzigen Grundstücksinhabers dazu führen, dass die Erkundungen nicht im erforderlichen Ausmaß vorgenommen werden können", erklärt eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums. Deshalb sollen in das neue Atomgesetz wieder Enteignungsvorschriften aufgenommen werden. Rot-Grün hatte diese 2002 aus dem Gesetz gestrichen.

Unterdessen scheint das Geheimnis um eine Bohrturmexplosion vor 41 Jahren gelüftet: Am 25. Juni 1969 waren Arbeiter des VEB Erdöl und Erdgas offenbar ähnlich arglos mit den Sicherheitsvorschriften umgegangen wie die Arbeiter jüngst auf der BP-Ölplattform "Deepwater Horizon". Im brandenburgischen Lenzen, nur fünf Kilometer nordöstlich von Gorleben, hatten DDR-Geologen Erdgas gefunden, das gefördert werden sollte. Allerdings gab es in rund 3.000 Metern Bohrtiefe Probleme mit einem unter hohem Druck stehenden Gemenge aus Erdgas, Gasoline und Salzlauge: Es kam zur Explosion, ein Arbeiter starb, mehrere wurden schwer verletzt.

Die Linke hat nun im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestags die Herausgabe der Akten zu diesem Bohrunfall gefordert. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hatte die Unterlagen aus der DDR übernommen, die allerdings unter einem Sperrvermerk stehen. Nach der Privatisierung wurde Gas de France Eigentümer des VEB Erdöl und Erdgas, und der sieht sein Betriebsgeheimnis bedroht. Dorothée Menzner, Energie-Expertin der Linken: "Die Weitererkundung in Gorleben muss gestoppt und die Fragen zu den Gasvorkommen müssen vollständig geklärt werden." Die Existenz von Erdgas im und unter dem Salzstock würde dessen Eignung zusätzlich in Zweifel stellen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • T
    thomas

    Enteignungen für ein Atommüllendlager mit zweifelhafter

    Eignung ....

     

    Bananistan im Anfangsstadium ?

    Die Regierungs-Farben sind ja schonmal passend:

    Gelb mit großen schwarzen Flecken.

  • B
    Bergfink

    Keiner will den Atommüll vor der Haustür haben. Das ist wohl klar. Die Kernkraftwerksbetreiber sollten die Keller ihrer Villen zur Verfügung stellen, um dort Atommüllager zu bauen. Sicher sind diese Endlager sowieso nicht, egal, wo sie sind. Und dann wird die Laufzeitverlängert. Na bravo!

  • E
    emil

    was ist das für eine bananenrepublik?

     

    elende staatswillkür.