Geöffnete Kneipen in Berlin: Ein Hauch von Leben

Kneipen und Bars dürfen unter strengen Auflagen wieder öffnen. Unser Autor schaut, was an den Berliner Tresen nach dem Lockdown los ist.

Langsam öffnen sich so manche Türen wieder, auch die der Kneipen Foto: picture alliance/Carsten Koall/dpa

BERLIN taz | Seit Dienstag dürfen in Berlin die Bars und Kneipen wieder geöffnet haben und sofort fühlt sich die Stadt lebendiger an, vertrauter. Auch wenn die Läden um 23 Uhr schon schließen müssen, Sperrstunde in Berlin, das muss man erst einmal schlucken. Vielleicht kommt jetzt sogar kurz vor dem Schlussgong in den Kneipen ein retromäßiges „Letzte Bestellung, bitte“, als Import aus Großbritannien hierher.

Auffallend ist am Kneipenstart, dass drinnen so gut wie nichts los ist, vor der Tür dafür um so mehr. Die Gegend rund um den Boxhagener Platz und die Simon-Dach-Straße in Friedrichshain fühlt sich an wie ein einziger, riesengroßer Biergarten, während die Tresen verwaisen. Das liegt freilich weniger am Virus, von dem man weiß, dass es sich in Innenräumen besser ausbreitet, sondern schlichtweg am herrlichen frühsommerlichen Wetter.

In Paule's Metal Eck wird man geradezu komisch angeschaut, wenn man den Raum betritt und sich der Bedienung nähert. „1,5 Meter Abstand!“, warnt einen Sarah Drews, die Tochter des Kneipenbesitzers, die gerade Schicht hat und sie sieht dabei ziemlich ernst aus. Der Tresen, hinter dem sie sich gerade befindet, ist laut Corona-Verordnung für Gäste verbotene Zone. Normalerweise sitzen in der Metalkneipe immer ein paar Stammgäste vor der Bar, auch wenn es draußen 30 Grad hat, jetzt sind dort die Stühle leer. Bestellt wird an den Tischen, die Getränke werden serviert.

Es läuft Metal in dem Laden, klar. Außer ein paar Billardspielern befindet sich niemand im Inneren der Kneipe. Die zweieinhalb Monate, in dem der Laden coronabedingt schließen musste, habe man genutzt, um alles zu renovieren, sagt Drews. Nun sei sie aber froh, dass sie wieder öffnen dürfe, auch wenn ihr die ganzen Corona-Regelungen zu schaffen machen.

Die Gäste machen super mit
Henryk Spielmann, Barbetreiber

„Es muss schnell wieder so wie früher werden. So kann es ja nicht weitergehen.“

Türen und Tische ständig desinfizieren, bitte nur fünf Leute gemeinsam an einem Tisch, es sei denn, sie kommen aus demselben Haushalt, da gilt es so einiges zu beachten. Aber ihre Gäste würden alle super mitmachen, was vielleicht auch daran liegt, dass sich diese der Kneipe besonders verbunden fühlen. Zur Wiedereröffnung seien so gut wie ausnahmslos Stammgäste gekommen. „Ich kenne wirklich alle Leute, die draußen an den Tischen sitzen“, sagt Drews.

Auch in der Bier-Bar, einer der letzten echten Berliner Eckkneipen im Kiez – samt Deutschlandfahne und dem Warnschild „Raucherkneipe“ hinter dem Fenster – dominieren die Stammgäste das Bild. Frankie war vor Corona drei Mal wöchentlich in der Kneipe, sagt er, Jeannette sogar fünf Mal. „Jetzt bin ich schon sehr froh, dass der Klaus wieder auf hat“, sagt Frankie. Klaus ist der Betreiber der Bier-Bar, auch er sagt: „Es fühlt sich gut an, dass es wieder los geht.“

In der Bier-Bar sitzen die meisten Gäste drinnen – die einzig echte Umgebung für eine echte Berliner Molle. Nur ist dort jetzt wegen den Abstandsregelungen weniger Platz als sonst. Klaus hat alles ausgemessen, etwa 15 Gäste darf er nun in seiner Lokalität empfangen, in den kleinen Hinterraum passen nochmal fünf weitere. Leicht werde es nicht, damit wirtschaftlich zu überleben, sagt er. Im Szenebezirk würden die Mieten auch nicht gerade geringer, und jetzt auch noch der ganze Schlamassel mit Corona. Aber er sei Optimist, irgendwie werde es schon weitergehen.

Dass nicht alle Kneipen sofort am 2. Juni die Sektkorken knallen lassen, beweist ein Besuch in der Punkrockkneipe Feuermelder. Die hat noch geschlossen. „In ein paar Tagen sind wir wieder für euch da“, steht an der Tür.

Abstecher in die Astro-Bar

Also noch kurz ein Abstecher in die Astro-Bar, die inzwischen besonders bei Touristen beliebt ist. Doch da es an diesen gerade mangelt, ist hier eher wenig los. Im Hinterzimmer stapeln sich Tische und Stühle. „Wir haben alles ausgemessen und die Tische im nötigen Abstand nebeneinander gestellt“, erklärt Henryk Spielmann, der Inhaber der Bar. Das übriggebliebene Interieur sei jetzt erst einmal hier gelandet, „wir wussten ja gar nicht, wohin damit.“

Spielmann sitzt draußen an einem Biertisch und scheint jetzt erst einmal einiges nachholen zu müssen. Er nippt noch an einem halbleeren Bierglas, während ein volles bereits daneben steht. Normalerweise passten um die 80 Leute in seinen Laden, jetzt dürften nur noch um die 20 rein. Besser als nichts. Er sagt aber auch: „Es muss schnell wieder so wie früher werden. So kann es ja nicht weitergehen.“ Er hofft, dass die Tische und Stühle aus dem Hinterzimmer möglichst bald wieder dort stehen, wo sie eigentlich hingehören.

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