Gentrifizierungs-Doku auf 3sat: Wo die wilden Künstler wohnen
Williamsburg war gestern, heute ist Bushwick. 3sat zeigt die Aufwertung eines Brooklyner Viertels in seiner Dokumentation „New York für Fortgeschrittene“.
New York, das war ja einmal gleichbedeutend mit Manhattan. In der Fernsehserie „Sex and the City“ verdreht Carrie Bradshaw noch die Augen, als Freundin Miranda ihr die Absicht kundtut, nach Brooklyn ziehen zu wollen. Brooklyn!?
Aber das war 2004 und ist nun auch schon bald zehn Jahre her. Die Zeiten haben sich geändert – und das Ansehen von Brooklyn auch. „New York für Fortgeschrittene“, so titelt eine 3sat-Doku am Samstagabend und hält sich dabei ausschließlich in Brooklyn auf. Dort, wo die fortgeschrittenen New Yorker wohnen.
„Heute sind alle nach Williamsburg gezogen“, konstatiert John Cale in einem aktuellen Interview. John Cale muss es wissen, eine ultimativere New-York-Band als The Velvet Underground hat es nie gegeben. Aber er ist gerade 70 geworden – und Williamsburg war gestern. Der Film von Susanne Lingemann und Klaus Prömpers heißt im Zweittitel „Bushwick setzt sich in Szene“ und doziert aus dem Off: „Bushwick liegt östlich von Williamsburg – dem In-Viertel der letzten Dekade.“
Am Beispiel von Bushwick beschreiben die Autoren jenen dynamischen Prozess, der als Gentrifizierung inzwischen auch Einzug in den deutschen Wortschatz und die deutsche Hauptstadt gehalten hat: „Wenn die Künstler kommen, dann wird aus Brache urbane Hipness. Ein ewiger Kreislauf. Dann steigen die Mieten und die Karawane zieht wieder weiter.“
Lingemann und Prömpers besuchen ein fröhliches Bushwick-Völkchen aus Fotografen, Kunststudenten, Öko-Hipstern, die sich in dem früher einmal deutsch, später dann hispanisch geprägten und zunehmend verwahrlosten Stadtteil heute alle wahnsinnig „kreativ“ und „inspiriert“ wähnen, deren Stündlein gleichwohl geschlagen hat. Denn Bushwick ist, wie alle wissen, schon „auf dem Weg zu Bourgeoiswick“.
„New York für Fortgeschrittene“, Samstag, 19.30 Uhr, 3sat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?