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Genschers Profilierungsversuche

Berlin (taz) — „Warum schlägt Genscher nicht gleich die Gründung der UNO vor?“ So und ähnlich drücken MitarbeiterInnen der Vereinten Nationen derzeit Erstaunen, ja Verärgerung aus über die offensichtlich mangelnden Kenntnisse des deutschen Außenministers über das System der UNO und ihrer Sonderorganisationen. Genscher hatte Perez de Cuellar die Einsetzung eines UNO-Koordinators für humanitäre Maßnahmen im Rang eines stellvertretenden Generalsekretärs sowie die Einrichtung eines UNO-Amtes für Katastrophenhilfe vorgeschlagen. Den Koordinator gibt es mit Unter-Generalsekretär Mahamed Essaafi jedoch längst — ebenso wie das UNO-Amt: die bereits seit 1972 existierende UNDRO in Genf; „mit unverändert gültigem Mandat“, wie ihr stellvertretender Leiter, der Österreicher Ferdinand Mayrhofer, feststellte. Genschers Vorschlag erwecke den Eindruck, als habe die UNDRO im Katastrophenfall der irakischen Flüchtlinge versagt. Über den „Profilierungsversuch“ des deutschen Außenministers „auf unsere Kosten“ sind die MitarbeiterInnen von UNDRO und anderen internationalen humanitären Organisationen auch deswegen so pikiert, weil die deutsche Regierung die Gründe für so manche Unzulänglichkeiten der Hilfe im Fall Irak genau kenne: die fehlenden Finanzen. Doch auch Bonn sei „nicht bereit gewesen“, schnell ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen, als Mayrhofer schon Anfang März um 36 Millionen US-Dollar für UNDRO-Maßnahmen zur Versorgung kurdischer Flüchtlinge bat. Eine „lächerliche Summe“ — so ein UNDRO-Mitarbeiter — „im Vergleich zu den 17,7 Milliarden Mark, mit denen die Regierung Genscher/ Kohl den Golfkrieg finanzierte, deren katastrophale Folgen wir jetzt lindern sollen“. Andreas Zumach

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