: Gemischte Kritiken
Wirtschaftsministerin Reiche will weniger Geld für die Energiewende ausgeben. Die Wirtschaft ist uneins
Von Anja Krüger
Das von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) vorgelegte Monitoring zum Stand der Energiewende und ihr 10-Punkte-Plan stoßen in der Wirtschaft auf unterschiedliche Bewertungen.
„Das Monitoring zeigt, was alle wussten. Die Energiewende kann und muss effizienter werden“, sagt Hartmut Rauen vom Verband der Maschinen- und Anlagenbauer. „Weder die Studie noch die zehn Schlüsselmaßnahmen des Ministeriums ergeben aber ein klares Konzept für die Zukunft.“ Es entstehe der Eindruck, dass nun allein die Kostenfrage in den Fokus rücke. Dann werde es in den 2030er Jahren zu einem dauerhaften Nacharbeiten an der Energiewende kommen.
Der am Montag veröffentlichte Monitoringbericht soll eine Bestandsaufnahme der Energiewende liefern. Danach ist der Ausbau der erneuerbaren Energien auf gutem Weg und muss fortgesetzt werden. Reiche hat mit der Veröffentlichung des Berichts zehn Punkte vorgelegt, die Leitplanken für ihre künftige Energiepolitik sein sollen. Unter anderem will die Ministerin Fördergelder senken.
Das Gutachten geht von einem deutlich geringerem künftigen Strombedarf aus als bislang prognostiziert. Gründe dafür sind die schleppende Dekarbonisierung der Industrie und ein geringerer E-Auto-Absatz als erwartet. Reiche will zwar an dem Ziel festhalten, dass 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Da aber die Berechnungsgrundlage niedriger ist, ist damit zu rechnen, dass weniger Anlagen gebaut werden. Ziehen dann Dekarboniserung und E-Mobilität stark an – was zu erwarten ist –, könnte es zu wenig Strom aus erneuerbaren Quellen geben.
Die IG Metall bezweifelt, dass es richtig ist, den prognostizierten Bedarf zu senken. „Wir dürfen nicht jetzt die Potenziale für die zukünftige Entwicklung der Industrie – wie zum Beispiel Wasserstoff und künstliche Intelligenz – beschneiden“, sagt Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Die Regierung solle nicht nur auf die Kosten achten, sondern auch auf die Sicherung von Arbeit und Wertschöpfung in Deutschland und Europa.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dagegen lobt Reiche. „Das 10-Punkte-Papier von Ministerin Reiche ist das Fundament für deutliche Effizienzverbesserungen des Energiesystems, die nun zügig angegangen werden müssen“, sagt BDI-Vizechef Holger Lösch. Auch der Verband der Chemischen Industrie sieht Reiches Vorstoß positiv. „Schlaraffenland ist abgebrannt“, sagte Verbandschef Wolfgang Große Entrup.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) lässt ein Gutachten zur Energiewende erstellen. Kritiker:innen fürchten, dass es dazu dient, den Ausbau von Wind- und Sonnenkraft abzuwürgen. Die taz beschreibt, warum und wie die Energiewende in Gefahr geraten kann.
taz.de/reiche
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