Geldpolitik in der EU: Zinsen sinken auf zwei Prozent
Die Europäische Zentralbank beschließt den niedrigsten Leitzins seit fünf Jahren. Die OECD warnt vor langer Rezession. Die Inflation erreicht einen Rekordwert.
FRANKFURT/MAIN ap Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins für den Euroraum angesichts der schweren Wirtschaftskrise auf den niedrigsten Stand seit fünfeinhalb Jahren gesenkt. Die Währungshüter verringerten den Zinssatz von 2,5 auf 2 Prozent. Das teilte die EZB am Donnerstag nach der Ratssitzung am Donnerstag in Frankfurt mit.
Anfang Dezember hatte die EZB die geldpolitischen Zügel schon deutlich um 0,75 Prozentpunkte gelockert, um die darniederliegende Konjunktur anzukurbeln. Nach der weiteren Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten erwarteten fast alle Analysten einen weiteren Schritt, erklärten BayernLB und Commerzbank. Beide Banken rechnen bis zum Frühjahr sogar mit einem Leitzins im Euroraum von nur noch 1 Prozent.
Die Konjunkturaussichten für den Euroraum hatten sich in den letzten Wochen dramatisch eingetrübt. Nach Einschätzung der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird sich die Wirtschaft frühestens Mitte 2010 erholen. Im jüngsten Jahresbericht zeichnet die OECD einen düsteren Teufelskreis aus Finanzkrise, Rezession und Arbeitslosigkeit. Im November hatte die Organisation schon ein Schrumpfen der Eurozone um 0,6 Prozent und um 0,9 Prozent für Deutschland im laufenden Jahr prognostiziert. "Heute wären die Zahlen weit schwächer", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorlage des Jahresberichts.
Deutschland wird in diesem Jahr nach Einschätzung von Konjunkturexperten in die stärkste Rezession in der Nachkriegsgeschichte stürzen. Nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamts ist die deutsche Wirtschaft bereits im vierten Quartal 2008 um 1,5 bis 2 Prozent geschrumpft. Der Start in 2009 dürfte Beobachtern nach entsprechend schwach ausfallen.
Einen Rekordwert gab es in Deutschland bei der Inflation: Diese lag 2008 mit 2,6 Prozent auf dem höchsten Stand seit 14 Jahren. Hauptursache waren die hohen Energiepreise in der ersten Jahreshälfte sowie teurere Lebensmittel, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Der Höhepunkt der Teuerungswelle lag im Juni und Juli mit jeweils 3,3 Prozent. Seitdem nahm die Inflation aufgrund des sinkenden Ölpreises wieder ab. Im Dezember lagen die Verbraucherpreise nun noch 1,1 Prozent über dem Vorjahresniveau.
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