■ Soundcheck: Gehört: Gore Nite Overkill
Gehört: Gore Nite Overkill „Gore“ bedeutet „geronnenes Blut“ und Gore-Nights versprechen demzufolge Bedürfnisbefriedigung für Blutrünstige. Von denen scheint es einige zu geben, ansonsten könnte das Ala-bama nicht auf eine dreizehnjährige Gore-Night-Tradition zurückblicken. Dieser Tatbestand wurde am vergangenen Samstag feierlich mit einem „Gore Nite Overkill“ begangen. Die angekündigte Mixtur aus Horrorfilmsequenzen und vier Bands füllte die Halle 2 auf Kampnagel mit Musik- und Splatter-Schaulustigen.
Wer jedoch auf Gedärme und spritzendes Blut gehofft hatte, sah sich getäuscht. Denn was die Leinwand beflackerte, war vor allem etwas für ironiehungrige Horror-Nostalgiker. Aber auch Hobby-Zoologen kamen auf ihre Kosten. Ausschnitte etwa aus Battle Of The Giants – zwei einander unwohlgesonnene Echsen – oder Tarantula stellten dabei eine Alternativ-Version zum derzeit die Kinos füllenden Mikrokosmos dar.
Musikalisch begann es da mit Porno Pop schon gruseliger: Die Noise-Popper mit Surf-Einschlag brachten mit pseudopsychopathischem Sänger und giftzwergigem Bassisten ein gewisses Freak-Show-Potential auf die Bühne.
Die Freie Garage präsentierte anschließend recht schwungvollen, angepunkten Rockabilly, gefolgt von souverän dahergerocktem Deutschpop von Die Braut haut ins Auge. Dazwischen gab es jeweils weitere kinematographischen Harmloshorrors vergangener Dekaden. Blutig gab sich dann nur noch der Name der finalen Band: Dackelblut. Diese erzeugten mit dynamischem Punkcore ein zünftiges Kollektivgepoge, welches doch noch splatterartige Szenen erzeugte: Lebende Alkoholleichen waren live bei ihrer Fetztriebbefriedigung zu beobachten. Dies beschloß ein recht dürftiges Programm, doch noch mit potentiellen Blutgerinseln und der Erkenntnis, daß die Bestie uns allen innewohnt.
Christian Schuldt
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