Geheimdienst gegen Linkspartei: Gysi droht mit Karlsruhe
Falls die Überwachung ihrer Abgeordneten nicht beendet wird, will die Linkspartei wieder vor das Verfassungsgericht ziehen. Schon Ende Januar könnte sie klagen.
BERLIN dpa | Dürfen Abgeordnete der Linken vom Verfassungsschutz beobachtet werden? Das Verfassungsgericht hat die Hürden dafür hoch gelegt. Die Bundesregierung hat sich noch nicht zu Konsequenzen geäußert. Die Linke macht jetzt Druck und droht ultimativ mit neuen Klagen.
Die Linke hat der Bundesregierung mit neuen Klagen gedroht, falls die Beobachtung ihrer Abgeordneten durch den Verfassungsschutz bis Ende Januar nicht eingestellt wird. „Wenn nur ein Abgeordneter der Linken weiter oder neu beobachtet wird, ist das einer zu viel“, sagte Fraktionschef Gregor Gysi. Er beruft sich auf ein Verfassungsgerichtsurteil von Anfang Oktober. Danach dürfen nur noch Parlamentarier beobachtet werden, die ihr Mandat zum aktiven und aggressiven Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauchen.
„Ich habe das Urteil so verstanden, dass die Beobachtung letztlich nur noch bei NPD-Abgeordneten erlaubt ist“, betonte Gysi. Auch gegen die Beobachtung einzelner Parteigruppierungen will die Linke vor Gericht ziehen.
Die Bundesregierung hat zu dem Karlsruher Urteil bisher noch nicht klar Stellung bezogen. Anfang Dezember hatte der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Gysi geschrieben, dass die Regierung den Vorgaben des Verfassungsgerichts Rechnung tragen und ihre Beobachtungspraxis anpassen werde. Was das konkret bedeute, werde dem parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste mitgeteilt.
Eigentlich sollte dies schon in der Sitzung am 9. Dezember geschehen, der Tagesordnungspunkt wurde aber auf Januar verschoben. Gysi rechnet nicht mit einer Einstellung der Beobachtung. „Ich denke, sie werden das stark reduzieren, aber nicht aufgeben“, sagte er.
Gysi und die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger riefen in einem Brief Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) auf, bis Ende Januar Klarheit zu schaffen. Wenn die Beobachtung von Abgeordneten und Partei nicht eingestellt wird, soll geklagt werden. „Wir müssen das jetzt geklärt haben“, sagte Gysi.
Das Urteil des Verfassungsgerichts betraf den Fall Bodo Ramelow. Die Karlsruher Richter erklärten die Beobachtung des Fraktionschefs im thüringischen Landtag für unrechtmäßig. Innerhalb der Partei wurden in letzter Zeit nur noch extremistische Strömungen wie die „Kommunistische Plattform“ beobachtet, aber nicht mehr die Linke insgesamt.
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