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Gegner-Anwalt über Olympia 2018"Die Wahrheit ist auf unserer Seite"

Rechtsanwalt Ludwig Seitz vertritt 59 Garmischer Landbesitzer, die ihren Grund nicht den Planern der Winterolympiade überlassen wollen. Denen wirft er Falschinformation und Trickserei vor.

"Ein Vertreter eines Planungsbüros sagte auch der sehr wichtige Grüngürtel durchschnitten werden muss." Bild: dapd
Interview von Sebastian Kemnitzer

Die bayerische Staatsregierung soll bis kommenden Mittwoch die Olympiabewerbung für die Winterspiele im Jahr 2018 zurückziehen. Das fordern 59 Grundstückseigentümer aus Garmisch-Partenkirchen. Andernfalls wollen sie das Internationale Olympische Komitee (IOC) einschalten. Der Brief, der auch der taz vorliegt, wurde geschrieben von Ludwig Seitz. Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht vertritt die 59 Grundstücksrebellen aus Garmisch, die Olympia in ihrer Heimat partout verhindern wollen.

taz: Herr Seitz, seit dieser Woche sind Sie der Buhmann, insbesondere für die bayerische Staatsregierung und die Bewerbungsgesellschaft der Spiele 2018. Wie gehen Sie damit um?

Ludwig Seitz: Ich bereue das Verfassen des Briefs keinesfalls, der Schritt war unabdingbar für meine Mandanten. Ansonsten hätte ihnen der Vorwurf gemacht werden können, sehenden Auges die Abgabe der Bewerbungsunterlagen hingenommen zu haben.

Aber ein Ultimatum ist ja ziemlich starker Tobak. Die Staatsregierung wird doch die Bewerbung keinesfalls zurückziehen?

Erstens habe ich lediglich eine Frist gesetzt. Ich bitte die Gesprächspartner, sich zu äußern. Und zweitens hat Minister Schneider in einem Gespräch mit meinen Mandanten am 26. November gesagt, dass ohne deren Grundstücke Olympia in Garmisch-Partenkirchen nicht möglich wäre.

Da klang der Staatskanzleichef Siegfried Schneider (CSU) diese Woche ja ganz anders. Da sagte er, die Münchner Olympiabewerbung sei überhaupt nicht gefährdet.

Wenn Herr Schneider jetzt etwas anderes sagt, dann können ja nicht beide Aussagen stimmen. Ich sage: Die Öffentlichkeit wird hinters Licht geführt. Und zwar auch von den Medien, die falsch dargestellte Fakten einfach übernehmen.

Bild: pr
Im Interview: 

Der 62-Jährige Ludwig Seitz ist Experte für Verwaltungsrecht. Er ist seit 1984 Sozius in der Anwaltskanzlei Labbé und Partner in München. Seitz vertritt in diesem Fall "praktizierende Landwirten, die in Garmisch Milchwirtschaft betreiben". Laut Seitz fürchten sie um ihre Weiden und wollen das Gesicht ihrer Heimat bewahren.

Zum Beispiel?

Die Grundstücke der Menschen, die im Brief namentlich aufgeführt sind, diese Grundstücke sind unverzichtbar für die Bewerbung, für die gibt es keine Ausweichmöglichkeit.

Aber dass trifft ja nicht auf alle 59 Mandanten zu?

Nein, aber die anderen meiner Mandanten befürchten völlig zu Recht, dass nach einem möglichen Zuschlag das Planungsinstrumentarium erst richtig losgeht. Da geht es vor allem um eine infrastrukturelle Erschließung.

Hat Staatskanzleichef Schneider dazu etwas gesagt?

Er nicht, dafür der Vertreter eines Planungsbüros aus Stuttgart. Er sagte ganz klar, dass Straßen ausgebaut werden müssen, dass zum Beispiel auch der sehr wichtige Grüngürtel durchschnitten werden muss. Das sei alles Bestandteil des Bid Books. Auch hier wird die Öffentlichkeit hinters Licht geführt. Die Beschwichtigungsformeln gehen völlig an den Fakten vorbei.

Stimmt es, dass Ihre Mandanten mit der Gegenseite nicht mehr reden? Wollen sie nur den Preis ihrer Grundstücke in die Höhe treiben?

Das Ganze ist definitiv kein Verhandlungspoker. Einer meiner Mandanten wurde gefragt, was er machen würde, wenn ihm jemand einen Koffer mit einer Million Euro hinhält.

Und?

Er würde ihn hochkantig zur Tür rausschmeißen. Meine Mandanten, zum überwiegenden Teil praktizierende Landwirte, wollen Olympia nicht, haben Angst vor den Folgen. Sie wollen einfach ihre Landwirtschaft betreiben. Das ist eine grundsätzliche Entscheidung.

59 Personen in Garmisch-Partenkirchen sind also definitiv dagegen. Erhalten Sie sonst noch Zuspruch?

Ja, die Zahl der Mandate wird steigen. Es wird nicht bei den 59 Personen bleiben.

Bleibt es denn dabei, dass Sie am Mittwoch den Brief an das IOC abschicken?

Noch hat sich niemand aus der Staatsregierung bei mir gemeldet. Deswegen gehe ich momentan klar davon aus, dass ich den Brief am Mittwoch abschicke.

Und mit welchem Inhalt?

Ich werde Jacques Rogge sämtliche Akten übermitteln. Das beinhaltet auch die Vertragsentwürfe für die Grundstücke, die meinen Mandanten erst am 11. November zugeschickt wurden. Außerdem werde ich dem IOC empfehlen, das Bid Book auf Herz und Nieren zu prüfen. Denn die Behauptungen der Bewerberseite stimmen einfach nicht. Die Wahrheit ist auf unserer Seite.

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6 Kommentare

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  • D
    derLichter

    Ich bin generell gegen Olympia

    und das aus einem einzigen Grund:

    Solange deutsche Soldaten im Ausland aus welchem Grund auch immer die Waffen gegen die einheimische Bevölkerung erheben, brechen sie den olympischen Frieden. Daher sollte den Deutschen weder die Teilnahme noch die Ausrichtung olympischer Spiele gestattet werden.

  • G
    grafinger

    Ja ja, die taz und das Enteignen von Grundstücken...

    In Berlin ist es gaanz toll, wenn Eigentümer wegen "öffentlicher" Gärten und "Mauerdenkmäler" einteignet werden sollen und in Bayern ist es gaanz böse.

    Aber klar, pardon, Berlin ist ja "rot" und Bayern "schwarz" das ändert natürlich alles!

  • UM
    Uli Mack

    Liebe Grundstücksbesitzer, Sie genießen bei mir große Hochachtung und die volle Unterstützung. Dass die Gegenseite nun harte Geschütze auffährt ist klar - dies haben wir in Stuttgart erfahren dürfen. Bitte standhaft bleiben und ggf. Hilfe und Rat aus Stuttgart von den Parkschützern holen. Liebe Grüße und oben bleiben.

  • K
    Kommunist

    Ich finde es gut wenn diese Leute enteignet werden und das Land dem Staat zugeführt wird. Es kann nicht angehen das so ein paar Leute soviel Land haben und gleichzeitig H****4-Empfänger mit nem viel zu kleinem Taschengeld auskommen müssen. Alle Haus-und Landbesitzer müssen enteignet werden!

     

    Für den Kommunismus!!

  • B
    Bitbändiger

    Kompliment an die "Rebellen", und viel Erfolg! Eigentlich sollten sich alle Steuerzahler, nicht nur in München und GAP, sondern auch in Bayern und darüber hinaus, anschließen, denn die Erfahrung lehrt (z.B. im Falle Vancouver), dass die Kosten für solch ein Prestigeprojekt notorisch runter- und der wirtschaftliche Nutzen (nicht nur die "Erträge") optimistischst raufgerechnet werden. Einen Gewinner gibt es am Ende allerdings immer, nämlich das IOC, dessen nichtsnutziges internationales Funktionärsgesindel sich an den Orten des Geschehens zwei Wochen lang wie Graf Rotz aufführen darf.

     

    Schade für die Sportler(innen), soweit sie ihr Metier mit lauteren Mitteln versehen - aber der Steuerzahler sollte andere Sorgen haben, als den IOC-Adel zu bereichern.

  • R
    reblek

    "Gegner-Anwalt über Olympia 2018 - Rechtsanwalt Ludwig Seitz vertritt 59 Garmischer Landbesitzer, die ihren Grund nicht den Planern der Winterolympiade überlassen wollen." Die Überschrift stimmt noch, aber die taz sollte erstens wissen und zweitens sollte es ihr nicht egal sein, dass eine "Olympiade" der vierjährige Zeitraum zwischen zwei "Olympischen Spielen" ist. Und diese sind es, für die die Landbesitzer ihren Grund nicht den Planern überlassen wollen.