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Gegen den Medaillenspiegel!Souveräner 12. Platz

Italien hat die Florettdiven, Frankreich seine SchwimmerInnen. Die deutschen SportlerInnen sind bislang ziemlich erfolglos. Ist das schlimm? Nein, gar nicht.

Aufs Kreuz gelegt: Judoka Christopher Voelk verliert gegen Nyam-Ochir Sainjargalden aus der Mongolei Bild: dpa

Sie werden langsam nervös, die deutschen Sportfunktionäre. Das Team liegt nicht im Soll. Dabei war der Auftrag an die Athleten doch so glasklar formuliert von den Herren des Olympischen Sportbundes: 41 Medaillen müssen bei diesen Spielen her. 16 Mal soll die deutsche Hymne bei Siegerehrungen erklingen. So wie in Peking gedenken die Plakettenzähler und ihre sportelnden Vasallen abzuschneiden.

Ähnliches Unbehagen wie unter den Funktionären macht sich auch in den Medien breit. Das Fernsehen spielt eine unrühmliche Vorreiterrolle. Die Fixierung auf deutsche Athleten ist nervtötend genug, die Gereiztheit der TV-Leute nach Misserfolgen ist noch schwerer zu ertragen.

Der Subtext dieser Art der Berichterstattung ist klar: Wann schaffen es diese verdammten Versager endlich, aufs Podium zu steigen? Wann begreifen sie, dass „Dabei sein ist alles“ fürn Arsch ist? Dramen des Scheiterns werden inszeniert. Man fragt bang: Geht das jetzt etwa so weiter? Konkurrieren wir künftig mit Nauru und den Fidschiinseln?

Mal abgesehen davon, dass auch die deutsche Olympiamannschaft bald ein paar Medaillen gewinnen wird, erscheint es absurd, warum eine selbstbewusste Nation nicht souveräner mit ein paar vierten oder zwölften Plätzen umgeht. Die Zeiten sind vorbei, als Botschafter im Trainingsanzug Erfolge ergaunerten, vollgepumpt mit Anabolika und anderem Medizinzeugs.

Dopingsumpf Olympia

Nehmen wir nur den Schwimmsport: Er ist dopingdurchseucht. Bis zur Jahrtausendwende konnte locker mit Epo gedopt werden, ohne dass man aufgefallen wäre. Bis vor Kurzem konnte man hübsch Wachstumshormone zu sich nehmen, auf dass die Pranken und Flossen noch etwas größer wurden und die Leistungsfähigkeit auch. Beide Mittel kann man jetzt nachweisen – wenn man will und auch danach sucht. In diesem Umfeld bewegen sich die deutschen Schwimmer. Das sollte man bedenken, wenn Biedermänner abgeurteilt werden.

Außerdem muss man sich anschauen, wie die Leistungen zustande gekommen sind. Unter den deutschen Olympioniken sind viele helle Köpfe, die studieren oder ihre Berufsausbildung vorantreiben. Es sind Athleten, die ihren Sport hinterfragen und zwischen Aufwand und Nutzen genau abwägen.

Es findet sich kaum einer, der bereit ist, Trainingsumfänge einer chinesischen Schwimmerin zu absolvieren. Und hoffentlich gibt es keinen, der sich ins Schattenreich des Sports begibt, nur um 15 Minuten Ruhm zu erhaschen. Dann lieber keine Medaille.

Lesen Sie bald auch das Pro von Jan Feddersen

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5 Kommentare

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  • I
    Ingo

    Natürlich sollte man nicht verbissen und nationalistisch nur auf die eigenen Athleten schauen, aber wie so oft in Deutschland findet sich kein Mittelweg sondern nur zwei Extreme.

     

    Über Medaillen sollte man sich freuen dürfen, aber genauso auch über Leistungen, selbst wenn sie keine Medaillen bringen. So wie die Gewichtheberin, die einen neuen deutschen Rekord aufstellte, aber trotzdem nur 12. wurde. Da kann wohl niemand behaupten, sie hätte nicht alles gegeben.

     

    Anders verhält es sich aber beim deutschen Schwimmteam - wenn der Sachverhalt denn in der Presse richtig dargestellt wurde: Da weist der Trainer seine Schützlinge an, in den Vorläufen Kräfte für's Finale zu schonen. Das ist nicht nur respektlos gegenüber dem Gegner, nein, solcherlei taktischen Spielchen entsprechen nicht dem olympischen Geist. Wenn das dann noch bei Athleten, die zwar national immer oben stehen, international aber mit schwankenden Leistungen dabei sind, ist das ein doppelter Fehler. In zwei Disziplinen wurden die Finals daher verfehlt. Der Trainer wurde für seine Dummheit oder Überheblichkeit bestraft, Leidtragende sind aber die Athleten. Ob die dann wirklich soviel intelligenter sind als Chinesen, die sich ganz ihrem Nationalteam unterwerfen (so wie in dem Artikel angedeutet), wenn sie am Ende auf merkwürdige Strategien ihrer Trainer hören, ist noch mal eine andere Frage.

  • P
    Peter

    Ist schon richtig, wenn sich die gebildete und chancenreiche deutsche Jugend eben genau überlegt, worin sie investiert.

    Zu Olympiasiegern etc. baut man ja normalerweise auch die weniger gebildeten und eher chancenlosen Vertreter auf, denn auch die sollen ja irgendeine Motivation haben.

    Ich finde es Klasse, dass sich ein Prekarier wie Gerhard Schröder an die Spitze arbeiten konnte. Das zeigt die Qualität der Demokratie von vor 30 Jahren. Die "Olympia-Misere" ist dagegen nur eine weitere Spielart der Bildungsmisere.

  • M
    Marcus

    Sry - aber ,der beste ,der schnellste Weltmeister, Olympiaasieger im Sport zu sein würde ich als natürlichen sportlichen Ehrgeiz eines jeden Sportlers bezeichnen - die Krönung ( Lahm/Schweinsteiger wie gerne wären sie wohl EM oder champleague sieger gewesen ??)

     

    Ihrem Artikel folgend können wir dann ja aber gleich den ganzen sportlichen WEttkampf und das Leistungsprinzip abschaffen : also Z.B. Fussball EM/WM oder die Bundesliga ? Und würde es uns als Fans nicht auch gefallen die Nationalmannschaft als EM/WM Sieger zu sehen ?

     

    ich verstehe auch nicht diese ewige,deutsche Dopingdiskussion,aber es scheint so : gewinnen wir Deutschen nix , sind alle anderen entweder gedopt, korrupt oder was auch immer, lenkt aber von grundsätzlichen Fehlern in unserem Sportsystem ab (siehe Duplitzer) Frage mich z.B auch wieso wedEr bei Frauen/Herren Fussballteams,Handballteams , BasketballteamS dabei sind

  • D
    deviant

    Daumen hoch!

     

    Ich find's peinlich, wenn Reporter öffentlich bekunden, dass der erste Tag nicht zähle, weil Deutschland da so versagt habe.

     

    Dieser nationalistische Komplex, der an die Mentalität der 30er erinnert, und der im gleichen Atemzug bei anderen Ländern gern gerügt wird ("Diese Diktaturen rühmen sich ja mit Goldmedaillen, um zu zeigen, dass sie wer sind...oh, und gucken Sie mal, da hat schon wieder so eine Flachpfeife den deutschen Ruf in der Welt in den Dreck gezogen!") ist allerübelste Herrenmenschenmentalität.

     

     

    Von mir aus soll man sich über deutsche Medaillen ja freuen, aber ist nur der wer, der einer der drei besten der Welt ist? Reicht es nicht, der Achtbeste zu sein, oder der Zehntbeste? Ist man dann gleich Depp der Nation?

     

    Und warum schickt man die Volldeppen, die bei der Moderation so regelmäßig versagen, nicht mal ins Becken, auf dass die sich mit Ruhm bekleckern mögen?!

  • R
    reblek

    Ist ja klar, dass Feddersen wieder irgendein Blödsinn einfällt, der die Nation rettet. Am besten würde er nicht zum Eurosingsang gehen, sondern zu dem ebenso gesinnungslosen Vesper.