Gegen Schmidt-Jortzig

■ Koalition will Enteignungen in Ostdeutschland nicht in Frage stellen

Freiburg (taz) – Die Bundesregierung will die zwischen 1945 und 1949 erfolgten Enteignungen in Ostdeutschland nicht antasten. Dies betonte gestern der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU, Joachim Hörster, nach einer Koalitionsrunde in Bonn. Die Koalitionsspitze erteilte damit Justizminister Edzard Schmidt- Jortzig (FDP) eine klare Abfuhr. Schmidt-Jortzig hatte in den letzten Wochen mehrfach für „entscheidende Korrekturen“ an der Bonner Politik plädiert.

Schmidt-Jortzigs Forderung: Die jetzt im Besitz des Staates befindlichen Ländereien sollten kostenlos oder zu einem symbolischen Betrag an die Alteigentümer zurückgegeben werden. Nach Schmidt-Jortzigs Angaben sind immerhin 80 Prozent der zur Besatzungszeit enteigneten Flächen heute in Staatsbesitz. Die „schutzwürdigen Rechte“ der jetzigen NutzerInnen sollten dabei „voll geschützt“ werden.

Was sich auf den ersten Blick so problemlos anhört, hätte allerdings zu einem Aufschrei der Empörung in Ostdeutschland geführt. „Hier sollen Verhältnisse restauriert werden, über die die Geschichte hinweggegangen ist“, kommentierte der letzte DDR-Ministerpräsident de Maizière (CDU). Tatsächlich steht im deutsch-deutschen Einigungsvertrag aus dem Jahr 1990: „Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) sind nicht mehr rückgängig zu machen.“ Diese Bestimmung wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits zweimal als grundgesetzkonform bestätigt. Nun scheint auch die Bundesregierung wieder auf Linie zu sein. Hörster betonte, die Koalition sei sich „absolut einig“, daß an den Enteignungen nicht mehr gerüttelt werde. Ob sich aber der Justizminister, der an der Koalitionsrunde nicht teilgenommen hat, den Mund verbieten läßt, bleibt abzuwarten. Am Donnerstag wird der Bundestag über Schmidt-Jortzigs Vorstoß debattieren. Christian Rath