piwik no script img

Gegen Dialog mit Nazis

■ Aus einem offenen Brief an Ingrid Köppe (Bündnis 90)

DOKUMENTATION

Ihren Vorschlag zu einem Dialog zwischen der faschistischen „Nationalen Alternative“ und den „Autonomen“ halten wir für falsch und gefährlich. Aus unserem antifaschistischen Selbstverständnis ergibt sich, daß wir uns zu keinem Zeitpunkt und unter keinen Umständen mit Nazis an einen Tisch setzen werden.

1. Der Versuch, das Problem des erstarkenden Neofaschismus in der DDR und der BRD auf das Niveau von rivalisierenden Jugendbanden zu reduzieren, ist demagogisch. Der Straßenterror, der von faschistischen Gruppierungen wie der NA, FAP, den Hooligans usw. ausgeht, ist eine Spielart des momentan stattfindenden Rechtsrucks, welcher in der sozialen und ökonomischen Unsicherheit begründet liegt. Besonders ekelhaft wird dieser Rechtsruck durch den geschürten Vereinigungstaumel, der Chauvinismus jedweder Prägung nach oben spült. (...) Es geht also nicht um einzelne Faschisten, es geht nicht darum, wer von denen wann wen zusammengeschlagen hat, sondern wir müssen den Faschismus als dem kapitalistischen System innewohnend begreifen. In diesem Sinne ist ein Podium von dem herab die Nazis ihre Propagandaleitsätze verkünden, nicht nur unnütz, sondern gefährlich. Es dient dazu, redegewandte Vertreter dieser Ideologie salonfähig zu machen (...).

2. Uns BewohnerInnen der Mainzer Straße mit den Nazis in der Weitlingstraße gleichzusetzen ist politisch unverschämt und moralisch verkommen (...). Diese Gleichsetzung macht glauben, es gebe kein Faschismus-, sondern ein „Radikalenproblem„; bezeichnend ist dabei, daß Sie die ses Thema erst aufgegriffen haben, nachdem Linke, AusländerInnen, Schwule, Lesben und andere begonnen haben, sich selbstorganisiert zu wehren.

3. Offensichtlich geht es Ihnen also für sich und Bündnis 90/Grüne um einen Profilierungsversuch im beginnenden Wahlkampf. Auch Veranstaltungen wie die „Talkshow mit rechten und linken Jugendlichen“ mit dem bezeichnenden Titel „Mit Eisenstangen und Brandbomben“ passen in diese Schiene! Wir lassen uns vor diesen Karren nicht spannen! (...) Das Straßenplenum der besetz

ten Häuser Mainzer Straße

Friedrichshain, den 11. Juli 199

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen