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■ QUERBILDGefühl & Verführung

Wenn im Kino Amerikaner nach Paris kommen, finden sie nicht allzuselten Liebe. „Das gibt es in Italien auch“, mag sich Bernardo Bertolucci bei Gefühl und Verführung gedacht haben, aber nicht irgendeine Liebe, sondern geradezu der Ursprung: Das erste Mal.

Zentrum der Geschichte ist die 19jährige Lucy (Liv Tyler), deren Aufenthalt bei Freunden ihrer Mutter in einem Landhaus der Toskana gleich mehrfach motiviert wird. So war ihre Mutter vor zwanzig Jahren dort, verlor ihre Unschuld und empfing gleich Lucy. Die Identität des Vaters allerdings ist ein Geheimnis, das Lucy nur zu gern lüften würde. Außerdem ist es Lucys zweiter Besuch. Beim ersten – mit 15 – hat sie Nicolo geküßt und ist ihm seitdem über vier Jahre und tausende von Kilometern treu geblieben. Jetzt ist die Zeit reif für die Erfahrung auch der körperlichen Liebe.

Was nun folgt, ist keinesfalls ein Film, der sich ernsthaft mit den Erlebnissen und Schwierigkeiten, gar Ängsten rund um die erste Erfahrung befaßt. Hier wird die Protagonistin zur Projektionsfläche theoretischer und moralischer Erörterungen, muß lehrreiche Erfahrungen machen, allerlei Flirts, Enttäuschungen und Beobachtungen, immer flankiert von weisen Ratschlägen alter Männer, die auch noch alle irgendwie mit Kunst zu tun haben. Das Ergebnis ist eine Art „Wahre-Liebe-wartet“-Postulat. Eine junge Frau sollte sich nur nach reichlicher Überlegung, nach angemessener Probezeit und nur dem wahren Geliebten hingeben (das ist übrigens nicht Nicolo – aber aufgepaßt auf den Drehbuchtrick!). Eile und übertriebenes sexuelles Verlangen führen jedenfalls in die Irre.

Auf diese recht dürftige, schwer atmend vorgetragene Geschichte hat Bertolucci zu allem Überfluß noch eine abgeschmackte Künstlerverherrlichung gesattelt. Es stellt sich nämlich heraus, daß Lucys Vater gerade der Bildhauer ist, der von ihr eine Holzplastik anfertigt. Was den Künstler als Schöpfer feiert, in dessen Arbeit das Leben offenbar wird, entlarvt gleichzeitig Lucy als künstliche Figur, deren letzter Rest Lebendigkeit sich dadurch entfernt, daß sie als Reproduktion ihrer Mutter erscheint.Wenn dieser schwerfällige, schwüle Film mit ein paar Postkartengrüßen aus Florenz zu Ende geht und man sich gerade wünschen will, alternde Männer sollten doch bitte keine Filme mehr über junge Menschen (besonders Frauen) drehen, besinnt man sich auf Eric Rohmer. Vielleicht sollte man sich schnell noch einmal Sommer ansehen. Sven Sonne

City

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