Gefahrenprognose zum 1. Mai: Krawalle im Dunkeln
Die Innenbehörde rechnet mit schweren Ausschreitungen und will das Schanzenviertel zum Gefahrengebiet erklären. Poker um Rote Flora geht weiter.
HAMBURG taz | Weil die Innenbehörde am kommenden Wochenende zum 1. Mai mit schweren Krawallen rechnet, will sie das gesamte Schanzenviertel als Gefahrengebiet ausweisen. Nach Informationen der taz soll der entsprechende Beschluss am heutigen Donnerstag fallen.
Die Ausweisung zum Gefahrengebiet soll am Samstagnachmittag beginnen, so dass die Polizei schon im Vorfeld der befürchteten nächtlichen Auseinandersetzungen Personenkontrollen durchführen und Platzverweise aussprechen kann. Die Innenbehörde will am Wochenende mehr als 1.500 Beamte einsetzen. Auch aus Bayern würden Kollegen erwartet, bestätigt Polizeisprecherin Ulrike Sweden.
Allerdings gestaltet sich die Anforderung von Polizeikräften aus den Nachbarländern schwierig, denn auch in Berlin wird wie jedes Jahr mit Ausschreitungen rund um den 1. Mai gerechnet. Zudem ist in Bremen am 30. April eine NPD-Kundgebung angemeldet, gegen die antifaschistische Gruppen mobilisieren.
In ihrer vorläufigen Lagebeurteilung für das kommende Wochenende geht die Polizei nach Informationen der taz davon aus, dass es nach Einbruch der Dunkelheit im Bereich des Schulterblatts zu den traditionellen Ausschreitungen kommt - und zwar sowohl in der Nacht zum 1. Mai als auch tags drauf bei einer "revolutionären 1. Mai-Demo", die um 18 Uhr am Altonaer Bahnhof beginnt.
Eine am 30. April um 16 Uhr beginnende Demonstration für den Erhalt der Roten Flora und den Wilhelmsburger Bauwagenplatz Zomia dagegen werde weitgehend friedlich verlaufen, glaubt die Polizei. Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt, der die Demo angemeldet hat, rechnet mit rund 1.900 Teilnehmern. Der Protestmarsch soll im Schanzenviertel beginnen und vor der geplanten Ikea-Filiale an Großen Bergstraße in Altona enden.
Kretschmer drängt
Während Senat und Bezirk beim Bauwagenplatz auf ein "Räumungsmoratorium" geeinigt haben, bis der zuständige bürgerschaftliche Ausschuss sich damit beschäftigt hat, wird um die Zukunft der Roten Flora weiter gepokert. Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer drängt die Stadt zum Rückkauf des Autonomen Zentrums.
Während Kretschmer wiederholt eine Summe von 19 Millionen Euro - die er angeblich von einem amerikanischen Unternehmen erhalten könne - ins Gespräch brachte, stellte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag klar, dass die Stadt "kein Kaufinteresse" an der Roten Flora habe. Sie werde diese - wenn überhaupt - nur zu einem marktüblichen Preis zurückkaufen. Dieser soll dem Vernehmen nach bei rund einer bis anderthalb Millionen Euro liegen.
Allerdings sieht Scholz "keinen aktuellen Handlungsbedarf": Nach mehreren rechtlichen Expertisen, die der Innenbehörde vorliegen, gilt die Nutzungsverpflichtung als selbstverwaltetes Stadtteilkulturzentrum auch bei einer Weiterveräußerung weiter. Zudem müsse Kretschmer zumindest einen Großteil der Gewinne, die er bei einem Verkauf der Roten Flora erzielen könne, an die Stadt abführen - Vertragsklauseln, die der "Kultur-Investor" allerdings für entweder unwirksam oder nicht mehr gültig hält.
Kretschmer hatte die Flora 2001 für 370.000 Mark erstanden. Während Kretschmer und die Stadt derzeit nur über die Medien kommunizieren, lehnen die Rotfloristen Gespräche mit der Stadt weiterhin ab und kündigen entschiedenen Widerstand an, sollte es zu einer Räumung kommen.
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