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Gefahr nicht unterschätzen

■ Ausländerausschuß debattierte über Verlegung der Asylstelle nach Hohenschönhausen Die SPD hält sich Hintertürchen offen/ Das Vorhaben wird vermutlich realisiert

Berlin. Die designierte Hohenschönhausener Bezirksbürgermeisterin Brunhild Dathe appellierte gestern im Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses noch einmal eindringlich an die Parlamentarier und Innensenator Heckelmann (CDU), die geplante Verlegung der Asylstelle in die Ferdinand-Schultze- Straße in Hohenschönhausen zu überdenken. »Man darf die Gefahr nicht unterschätzen«, betonte Dathe.

Hohenschönhausen drohe immer mehr zum Brennpunkt für ausländerfeindliche Aktivisten zu werden. In der Kleingartenkolonie »Weiße Taube« in der Nähe der Ferdinand- Schultze-Straße träfen sich zum Beispiel regelmäßig Rechtsradikale in einer Gaststätte. Die designierte Bürgermeisterin bat den Ausschuß, sich das ehemalige Stasi-Gelände noch einmal differenziert anzugucken und zu überlegen, ob man die Gelder nicht gleich in die spätere Asylsammelstelle Streitstraße in Spandau investiert. »Es zeichnet sich aber wohl ab, daß die Asylstelle nach Hohenschönhausen kommt«, stellte Dathe sehr richtig fest.

Die SPD hielt sich gestern immer noch ein Hintertürchen offen. Bevor Innensenator Heckelmann nicht alle Fragen bezüglich der Sicherheit und geplanten Umbaumaßnahmen beantwortet habe, so der ausländerpolitische Sprecher der SPD, Barthel, »können wir zu dem Vorhaben weder ja noch nein sagen.« Der Fragenkatalog, den Barthel sowie die ausländerpolitischen SprecherInnen der Grünen und PDS dem Innensenator gestern vorlegten, wurde von diesem nur sehr allgemein beantwortet. Heckelmann sah nicht ein, auf Details bis hin »zur Toilettenplanung« einzugehen, weil man es hier »mit politischen Implikationen« zu tun habe. Die Sicherheit in der Ferdinand-Schultze-Straße, versicherte er wie gehabt, werde jedoch deutlich besser sein, als an der bisherigen Ausländerbehörde am Friedrich- Krause-Ufer. »Aber eine Garantie kann dafür keiner geben.«

Der Grünen-Abgeordnete Kossan sprach sich gegen die Verlegung der Asylstelle nach Hohenschönhausen aus, weil die Sicherheit nicht gewährleistet sei. Es sei besser, weiterhin das Friedrich-Krause-Ufer zu nutzen, als die Flüchtlinge in Hohenschönhausen in Gefahr zu bringen. Die menschenunwürdigen Zustände am Friedrich-Krause-Ufer waren in der Vergangenheit besonders von den Grünen heftig kritisiert worden. Die PDS-Abgeordnete Dörre kündigte einen Dringlichkeitsantrag für die heutige Abgeordnetenhaussitzung an. Der Senat wird darin aufgefordert, die Entscheidung für die Ferdinand-Schultze-Straße zurückzunehmen und Alternativprojekte zu prüfen. Bürgermeisterin Dathe bestätigte, daß der Bezirk bislang das ehemalige Sportforum an der Konrad-Wolf-Straße als Alternative favorisiert habe. Es sei jedoch leider voll belegt.

Heckelmann ergänzte, daß das Gebäude schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Hooligans nach den Fußballspielen dort direkt vorbeizögen. Barthel erklärte nach der Sitzung, daß die Entscheidung zusammen mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Staffelt gefällt werde. Er hoffte, daß dies noch bis zum Ende der Woche der Fall sei. Die Ausländerbeauftragte John hatte die Sitzung gestern kurz nach Beginn der Debatte verlassen. plu

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