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Gedenkveranstaltung in KölnEin stiller leerer Platz

Weniger als 100 Menschen folgen dem Aufruf von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband in Köln zur Gedenkveranstaltung für die Opfer des rechtsextremen Terrors.

Auf der Keupstraße in Köln explodierte im Juni 2004 eine Nagelbombe der Neonazi-Zelle. 22 Menschen wurden verletzt. Bild: dpa

KÖLN taz | Es ist ein trostloser Mittag auf dem Hans-Böckler-Platz in Köln. Das Häuflein, das sich um kurz vor 12 Uhr zwischen der örtlichen DGB-Zentrale und dem Westbahnhof versammelt hat, ist überschaubar. "Wir stellen uns quer", steht auf einem weißen Banner.

Doch nicht einmal hundert Menschen sind dem gemeinsamen Aufruf der Gewerkschaften und des Kölner Arbeitgeberverbands gefolgt. Beim traditionellen Katerfrühstück der Unternehmervertretung am Aschermittwoch waren es mehr als doppelt so viele.

Erschienen sind immerhin etliche Repräsentanten der Kölner Stadtgesellschaft - von Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes über Land- und Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linkspartei bis zum Polizeipräsidenten Wolfgang Albers. Der Schriftsteller Dogan Akhanli ist ebenso vor Ort wie der grüne Landesvorsitzende Sven Lehmann und der türkische Generalkonsul Mustafa Kemal Basa.

Aufruf zu mehr Zivilcourage

Große Ansprachen gibt es nicht. Schließlich gehe es um eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer rechtsextremistischer Gewalt, sagt Kölns DGB-Chef Andreas Kossiski. Deshalb beschränkt er sich auf einige wenige Sätze. "Wir Gewerkschaften haben uns nicht vorstellen können, dass wir nach der Zeit des Nationalsozialismus noch mal so eine Mordserie erleben müssen", sagt er und ruft zu mehr Zivilcourage gegen Rechtsextremismus auf. Um 12.05 Uhr ist alles vorbei.

Vielleicht ist es einfach der falsche Ort für eine solche Veranstaltung. Besser hätte sie wohl rund sieben Kilometer entfernt auf der anderen Rheinseite stattgefunden. Dort, in der belebten Keupstraße im Kölner Stadtteil Mülheim, verübten am 9. Juni 2004 die Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ein Nagelbombenattentat. 22 Menschen türkischer Herkunft wurden verletzt, vier davon schwer.

Nur einen Tag nach dem Anschlag verkündete der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden deuteten "auf ein kriminelles Milieu" hin. Ein fataler Fehlschluss. Auch die Explosion eines Sprengsatzes in einem Lebensmittelshop in der Kölner Innenstadt am 19. Januar 2001 wird der Rechtsterroristenzelle Nationalsozialistischer Untergrund zugerechnet. Eine damals 19-jährige Deutschiranerin überlebte nur schwer verletzt.

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2 Kommentare

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  • E
    emil

    @Socke

     

    das ist wohl kaum das problem. es gibt genug menschen, die abends arbeiten oder überhaupt nicht arbeiten und zeit hätten.

     

    in einkaufszentren finden sich um diese zeit auch mehr menschen, woran liegt es also?

  • S
    Socke

    Könnte ja auch dara nliegen das außer unserer Politikerkaste die meisten Leute zu der Zeit einer geregelten Arbeit nachgehen?

    Ich kann mich z.B. kaum einfach mal um 12 Uhr (plus ne stunde Fahrt vorher und hinterher) aus dem Büro verabschieden wenn der Kunde gerade ein Problem meldet.

     

    "Warten sie und ihre Mitarbeiter noch ein bischen auf die Lösuung, ich muss erst mal den Opfern der NSU gedenken. wie das ist ihnen egal, aber mir doch nicht! Wie dann suchen sie sich einen anderen Dienstleister? Ich habe doch Mitarbeiter zu bezahlen und eine Familie zu ernähren!"...