piwik no script img

Gedenken an ermordete Matrosen 1919Nichts erinnert an das Massaker

Eine Gedenkveranstaltung in der Französischen Straße kritisiert das fehlende Geschichtsbewusstsein am Ort der Morde vom 11. März 1919.

Prominentes Todesopfer der Arbeiteraufstände 1918/19: Grab von Rosa Luxemburg in Berlin Foto: dpa

Paul Brandt, Ernst Bursian, Werner Weber: Das sind nur drei von 29 Namen, die am Montagvormittag vor dem Gebäude der Französischen Straße 32 in Mitte in die Höhe gehalten wurden. Dort waren diese Männer am 11. März 1919 erschossen worden. Etwas mehr als 100 Jahre später trafen sich nun etwa 50 Menschen zu einer Gedenkveranstaltung. Initiiert wurde sie vom Regisseur und Buchautor Klaus Gietinger. Er hat in den letzten Jahren über die Gewalt geforscht, mit der im Frühjahr 1919 rechte Freikorps gegen aufständische Arbeiter*innen und sie unterstützende Soldaten vorgegangen sind.

Auf der Seite der Arbeiter*innen kämpfte auch die Volksmarinedivision. Sie wurde am 11. Januar 1919 mit der Ankündigung, ihnen würde der Sold ausgezahlt, in den Hof der Französischen Straße 32 gelockt. Dort wurden sie von den Freikorps mit schweren Waffen empfangen. Gietinger sprach von einem der schlimmsten Massaker der Revolution vor 100 Jahren. Den Auftrag gab der Reichswehrminister Gustav Noske (SPD.) Die unmittelbar für die Ermordung der Matrosen verantwortlichen Wilhelm Reinhard, sein Adjutant Eugen von Kessel und Leutnant Marloh wurden nie bestraft und machten im Nationalsozialismus Karriere.

Teilnehmer*innen der Gedenkveranstaltung kritisierten, dass die Bosch-Stiftung, die aktuell ihr Domizil in dem Gebäude hat, eine Nutzung des Hofs für die Gedenkveranstaltung nicht erlaubt habe. Zudem wurde kritisiert, dass heute an dem Gebäude nichts an das Massaker erinnerte. Eine in der DDR angebrachte Gedenktafel wurde nach der Wende entfernt.

Der Historiker Dietmar Lange stellte im Gespräch mit der taz die Bluttat in den Kontext der blutigen Kämpfe gegen streikende Arbeiter*innen im März 1919 in den Berliner Ostbezirken. Über 1.200 Menschen kamen dabei um. Daran erinnert aktuell auch die von Lange kuratierte Ausstellung „Schießbefehl in Lichtenberg“, die noch bis zum 5.Mai im Museum Lichtenberg in der Türrschmidtstraße 24 zu sehen ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Die Wahlen zur Nationalversammlung gingen äußerst eindeutig gegen eine Räterepublik aus.

    Wer initierte eigentlich dennoch den Märzaufstand gegen die Weimarer Demokratie? Gibt es da Namen? Verantwortliche? Wer schickte die Menschen in aussichtslose Kämpfe gegen die Weimarer Demokratie?

    • @Rudolf Fissner:

      § 211 Mord

      (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.



      (2) Mörder ist, wer



      aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,



      heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder



      um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

      Hier - Tatzeit - 11. März 1919

      • @Lowandorder:

        Richtig. War aber nicht meine Frage. Die Märzkämpfe führten je nach Schätzungen bis zu 2.000 Toten (!!!). Da würde ich schon gerne mehr darüber wissen, wer auf Seiten der Gegner der Weinarer Republik die Mitverantwortlichen an der hohen Zahl an Toten waren. In ihrem nächsten Beitrag deuten Sie pauschalieren an, das es „Kommunisten“ gewesen seien.

        • @Rudolf Fissner:

          Leider ist Ihre Frage verkehrt herum gestellt. Es demonstrierten 300tsd für die unerfüllt gebliebenen Forderungen nach der Sozialisierung der Kriegs-/Schlüsselindustrie gemäß heutigem Artikel 15 GG sowie die Demokratisierung der Armee. Der Plan zur Konterrevolution wurde durch die Antibolschewistische Liga finanziert, später Kreisauer Kreis und vorher CDI - heute BDI. siehe Spiegel Artikelserie "Das Große Schmieren" von 1984.

          Politische oder wilde Streiks sind heute verboten, aber vielleicht rafft sich ja noch jemand auf, gegen die Artikel 14 GG-widrige von der EU forcierte Privatisierung von Sozialwohnungen, Alten- und Krankenpflege sowie Rente und Bildung etc. "aufzustehen"?

          Übrigens, selbst die Antibolschewistische Liga wurde ursprünglich von den "Soldariern" mit dem Ziel zur "Sozialen Marktwirtschaft" - als "Diener des Volkes" (= National+Sozial) - gegründet.

          Und so verstanden sich auch die Freikorps als Nationalsozial. Sie wollten einen neuen Volksstaat und den "deutschen" Bürger vor den Bolschewisten retten, gerettet haben sie die Bourgeoisie.

        • @Rudolf Fissner:

          Liggers. Ab ins Proseminar - kerr.

          unterm-----



          Gern auch ganz allgemein. Dann entfallen selbst vllt bei Ihnen sojet Ablenkfragen & dero fulminantes Sachinteresse ist mal gut aufgehoben.



          Viel Glück & …servíce - wa.



          Gern&Dannichfür.

          • @Lowandorder:

            Nanu - Schwächeanfall^¿^

            Ja wie^!*



            Heute mal keine Selbstmeldung???

            Naja. Frauman soll ja bekanntlich den Tag - Nicht vor der Spätausgabe der



            Tagesschau - Loben. Newahr.



            Nu - Ooch wieder wahr - kerr.



            Normal.

  • Danke. Bitter & Erschütternd.

    "Einer muß den Bluthund machen." - Gustav Noske

    & Ja

    "Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten." Stimmt.



    &



    "Der Verrat" - von Sebastian Haffner

    & Wie recht er später - spät zu spät - er hatte:

    "Als sie die Kommunisten holten - ich war kein Kommunist....



    & als sie mich holten - war niemand mehr da."



    Dietrich Bonhoeffer

    unterm------



    de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Noske



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Der_Verrat



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Haffner



    &



    de.wikipedia.org/w...ietrich_Bonhoeffer

    ------ & So ging das --



    "Der Scherben (vulgo Monokel) & die Milchreisbubis"



    Habe ich eine Bilderserie im Nachlaß von uns Ol*03 genannt.



    Ein WK I-Offizier mit - klar Monokel - umringt von bürgerlichen Jüngelchen.



    Darunter der Bruder "Milchbart" meiner Mutter.



    Er wurde später beim Kapp-Putsch in der Saale in Halle/Saale ertränkt.



    &



    Uns Ol - entdeckte knapp 60 Jahre später - "Mensch - was ham die mit uns ahnungslosen Jungens gemacht!



    Les ich doch hier - daß ich - ohne mein Wissen - Mitglied der Organisation C war."



    de.wikipedia.org/w...rganisation_Consul

    kurz - Bitte! - Dranbleiben!

    Hannibal et al. - Lassen Grüßen! (Namen sind doch nur austauschbar)



    www.taz.de/Verfass...-Affaere/!5576502/



    de.wikipedia.org/w...ehind-Organisation



    Ende des Vorstehenden

  • Es ist richtig, dass an dem Haus in der Französischen Straße nichts an den Matrosenaufstand erinnert, aber wer auf die berlinHistory.app geht (kostenlos und werbefrei) kann dort u.a. auch alle Orte der Revolution 1918/19 finden und dabei auch alles über die Zahlstelle der Volksmarinedivision und den Matrosenmord in der Französichen Straße erfahren.