Gedenken an die Opfer des II. Weltkriegs: Laute Besinnung in Dresden
Dresden erinnert mit einer Menschenkette an die Opfer des 2. Weltkriegs. Derweil fordert der Bürgermeister einen Wandel der Gedenkkultur.
Die Kette sei „ganz bildlich ein Schutzring, auch gegen die Vereinnahmung des Gedenkens durch radikale Kräfte, Engstirnigkeit und Gewalt“, sagte Hans Müller-Steinhagen, Rektor der Technischen Universität Dresden, als Anmelder der Veranstaltung. Er mahnte dazu, an diesem Tag nicht nur an die Opfer des Krieges zu erinnern, sondern auch an die Ideologien, „die ihn ausgelöst haben und die sich heute zu wiederholen drohen“.
Der 13. Februar 1945 ist für Dresden ein äußerst emotionales Datum. Bei Luftangriffen der Alliierten waren an diesem und den folgenden Tagen bis zu 25.000 Menschen ums Leben gekommen, große Teile der Innenstadt wurden zerstört.
Stilles Gedenken reiche angesichts aktueller Entwicklungen nicht mehr aus, sagte der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Besinnung brauche zwar Schweigen. Dieses aber dürfe nicht münden „in Sprachlosigkeit gegenüber Stimmen, die ausblenden, dass Dresden Teil des nationalsozialistischen Systems der Menschenverachtung war“.
Anlass für europaweite Neonazi-Aufmärsche
Solche Stimmen waren in Dresden in den vergangenen Jahren regelmäßig zu hören. Rechtspopulisten und Rechtsextremisten hatten den Gedenktag immer wieder missbraucht; zeitweise war er Anlass für die europaweit größten Aufmärsche von Neonazis. Diese postulierten weitaus höhere Opferzahlen und relativierten deutsche Kriegsverbrechen, indem von „Bombenholocaust“ die Rede war. In diesem Jahr hat der Holocaust-Leugner Gerhard Ittner für den 17. Februar einen „Gedenkmarsch“ angemeldet.
Am eigentlichen Jahrestag gab es keine größeren Kundgebungen. Allerdings versammelten sich Rechte an einem Mahnmal auf dem Altmarkt, wo nach den Luftangriffen 6.865 Opfer verbrannten. Sie entzündeten Kerzen vor einem symbolischen Grabstein mit der Aufschrift „Kein Denkmal für Dresdner Opfer, aber für fremde Sozialschmarotzer“. An gleicher Stelle hatte die AfD für den Abend zu einer Kranzniederlegung eingeladen.
Inzwischen ist das Gedenken in Dresden stark von Veranstaltungen geprägt, die den Bogen von den Ereignissen des Jahres 1945 in die Gegenwart schlagen. So hatten im Rahmen eines Bürgergesprächs in der Dreikönigskirche Schüler aus Dresden, Madrid, Sarajevo und Budapest eine Theaterperformance zum Thema „Friedenshelden“ aufgeführt.
Neuausrichtung des Gedenkens
Am Abend berichteten internationale Gastwissenschaftler von Dresdner Forschungseinrichtungen bei einem „Peace Slam“ über Friedenserfahrungen. Die Stadtgesellschaft bekenne sich mit derlei Veranstaltungen zu einer „Gesellschaft des Friedens, die die Menschenrechte aller wahrt“, sagte Matthias Neutzner von der Initiative „Memorare Pacem. Gesellschaft für Friedenskultur“, die beide Veranstaltungen mitorganisiert hatte.
Künftig brauche Dresden eine Neuausrichtung des Gedenkens, sagte Oberbürgermeister Hilbert. Es schwinde die Generation, die „miterlebt hat, wie Dresden erst im braunen Sumpf versunken und dann im Feuersturm untergegangen ist“. Erinnerungskultur sei „nicht nur das Ablegen von Kränzen“, sondern „gesellschaftliche Bildungsarbeit mit klarem Bezug zur Gegenwart“, sagt der Rathauschef.
Das diesjährige Gedenken sollte am späteren Abend mit einem traditionellen ökumenischen Friedensgottesdienst in der katholischen Kathedrale ausklingen. Im Anschluss daran, zum Zeitpunkt des ersten Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945, sollten traditionell um 21.45 Uhr die Kirchenglocken der Stadt läuten, ehe die Frauenkirche zu einer „Nacht der Stille“ einlud.
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