piwik no script img

Gedenken an die Opfer des II. WeltkriegsLaute Besinnung in Dresden

Dresden erinnert mit einer Menschenkette an die Opfer des 2. Weltkriegs. Derweil fordert der Bürgermeister einen Wandel der Gedenkkultur.

13. Februar 2018: Jahrestag des Luftangriffs auf Dresden Foto: dpa

Dresden epd | Zum Läuten der Kirchenglocken schloss sich der Ring um die Innenstadt: In Dresden haben am Dienstag rund 11.500 Bürger mit einer Menschenkette an die Toten der Luftangriffe vom 13. Februar 1945 erinnert. Zugleich setzten sie damit am 73. Jahrestag der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg ein Zeichen für Frieden, Demokratie und Gewaltfreiheit.

Die Kette sei „ganz bildlich ein Schutzring, auch gegen die Vereinnahmung des Gedenkens durch radikale Kräfte, Engstirnigkeit und Gewalt“, sagte Hans Müller-Steinhagen, Rektor der Technischen Universität Dresden, als Anmelder der Veranstaltung. Er mahnte dazu, an diesem Tag nicht nur an die Opfer des Krieges zu erinnern, sondern auch an die Ideologien, „die ihn ausgelöst haben und die sich heute zu wiederholen drohen“.

Der 13. Februar 1945 ist für Dresden ein äußerst emotionales Datum. Bei Luftangriffen der Alliierten waren an diesem und den folgenden Tagen bis zu 25.000 Menschen ums Leben gekommen, große Teile der Innenstadt wurden zerstört.

Stilles Gedenken reiche angesichts aktueller Entwicklungen nicht mehr aus, sagte der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Besinnung brauche zwar Schweigen. Dieses aber dürfe nicht münden „in Sprachlosigkeit gegenüber Stimmen, die ausblenden, dass Dresden Teil des nationalsozialistischen Systems der Menschenverachtung war“.

Anlass für europaweite Neonazi-Aufmärsche

Solche Stimmen waren in Dresden in den vergangenen Jahren regelmäßig zu hören. Rechtspopulisten und Rechtsextremisten hatten den Gedenktag immer wieder missbraucht; zeitweise war er Anlass für die europaweit größten Aufmärsche von Neonazis. Diese postulierten weitaus höhere Opferzahlen und relativierten deutsche Kriegsverbrechen, indem von „Bombenholocaust“ die Rede war. In diesem Jahr hat der Holocaust-Leugner Gerhard Ittner für den 17. Februar einen „Gedenkmarsch“ angemeldet.

Am eigentlichen Jahrestag gab es keine größeren Kundgebungen. Allerdings versammelten sich Rechte an einem Mahnmal auf dem Altmarkt, wo nach den Luftangriffen 6.865 Opfer verbrannten. Sie entzündeten Kerzen vor einem symbolischen Grabstein mit der Aufschrift „Kein Denkmal für Dresdner Opfer, aber für fremde Sozialschmarotzer“. An gleicher Stelle hatte die AfD für den Abend zu einer Kranzniederlegung eingeladen.

Inzwischen ist das Gedenken in Dresden stark von Veranstaltungen geprägt, die den Bogen von den Ereignissen des Jahres 1945 in die Gegenwart schlagen. So hatten im Rahmen eines Bürgergesprächs in der Dreikönigskirche Schüler aus Dresden, Madrid, Sarajevo und Budapest eine Theaterperformance zum Thema „Friedenshelden“ aufgeführt.

Neuausrichtung des Gedenkens

Am Abend berichteten internationale Gastwissenschaftler von Dresdner Forschungseinrichtungen bei einem „Peace Slam“ über Friedenserfahrungen. Die Stadtgesellschaft bekenne sich mit derlei Veranstaltungen zu einer „Gesellschaft des Friedens, die die Menschenrechte aller wahrt“, sagte Matthias Neutzner von der Initiative „Memorare Pacem. Gesellschaft für Friedenskultur“, die beide Veranstaltungen mitorganisiert hatte.

Künftig brauche Dresden eine Neuausrichtung des Gedenkens, sagte Oberbürgermeister Hilbert. Es schwinde die Generation, die „miterlebt hat, wie Dresden erst im braunen Sumpf versunken und dann im Feuersturm untergegangen ist“. Erinnerungskultur sei „nicht nur das Ablegen von Kränzen“, sondern „gesellschaftliche Bildungsarbeit mit klarem Bezug zur Gegenwart“, sagt der Rathauschef.

Das diesjährige Gedenken sollte am späteren Abend mit einem traditionellen ökumenischen Friedensgottesdienst in der katholischen Kathedrale ausklingen. Im Anschluss daran, zum Zeitpunkt des ersten Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945, sollten traditionell um 21.45 Uhr die Kirchenglocken der Stadt läuten, ehe die Frauenkirche zu einer „Nacht der Stille“ einlud.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Toleranz ist,das ganze Rechte politische Spektrum zu dämonisieren.

    Toleranz ist,zu trainieren wie man aktiv die Meinungsfreiheit von andersdenkenden einschränkt . ( Demo- Blockadetraing in Berlin)

    Toleranz ist,Menschen mit Afd Mitgliedschaft bei Ihren Arbeitgebern anzuschwärzen?

    Toleranz ist, in Reih und Glied mit der offen gewaltbereiten Antifa zusammenzuarbeiten und " Nazis klatschen" zu wollen ? Jene Antifa deren Fahne von den paramilitärischen Kommunisten der Weimarer Republik stammt, welche damals mit Gewalt politveranstaltungen stürmten , noch bevor es die NSDAP und die SS gab, welche sich die Kommubistischen schlägertrupps zum Vorbild nahmen.

    Toleranz ist , Sympathisanten einer Partei eigenmächtig als Nazis zu bezeichnen und damit alle Mittel als gerechtfertigt anzusehen , weil man kämpft ja gegen die bösen ?

    Was bleibt eigentlich wenn man nur links und nicht rechts sein darf ?

    Merkt ihr noch was ?

    Wer ist autoritär ?

    Lg ,kein biodeutscher old white priviliged Male , oder in welche Schublade ihr auch immer michstecken wollt .

  • Danke für den Bericht.

     

    Seit ich - durch die erstaunte Gegenfrage eines dresdner Anwalt im Dienstzimmer -

    "Wie 44? - das war 1945!" - über mein eher zufälliges pränatales Überleben

    &

    Das meines älteren Bruders & meiner Mutter dort weiß - Ja. Auch verläßlich dieses Jahr wieder - Schlechter verschwitzter Schlaf mit meist angstbesetzt-aggressiven Träumen.

    &

    Gut - daß die pseudo- epileptischen Anfälle meines Bruders mit Anfang vierzig.

    &

    Meine Verfolgungswahnattacken mit Ende fünfzig - jeweils unter bedrohlichem Streß ausgelöst

    -

    Der Vergangenheit angehören.

     

    --------

    & Ja.

    Kurt Vonnegut sei Dank. ~>

    "Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug, englischer Originaltitel Slaughterhouse-Five, or, The Children's Crusade: A Duty-Dance with Death, ist ein 1969 erschienener Roman des amerikanischen Schriftstellers Kurt Vonnegut (1922–2007).

     

    Er ist stark autobiographisch geprägt und hat die Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 zum Thema, die Vonnegut als Kriegsgefangener der Deutschen selbst miterlebte; der Titel bezieht sich auf den Städtischen Vieh- und Schlachthof, in dessen Keller Vonnegut mit rund 100 anderen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern den Feuersturm überlebte, der die Stadt in Trümmer legte. Der Roman kombiniert dabei realistische Schilderungen des Kriegsgeschehens mit Schwarzem Humor, Science-Fiction-Elementen wie Fliegenden Untertassen oder Zeitreisen und gilt nicht zuletzt wegen seiner ausgeprägten Metafiktionalität als eines der Hauptwerke der amerikanischen Postmoderne....."

    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlachthof_5_oder_Der_Kinderkreuzzug