: Geben und Nehmen im Osten
Grüne: Weil die Ostbeschäftigen im öffentlichen Dienst seit Juli weniger Lohn haben, sollten sie auch weniger arbeiten. Die Gewerkschaft Ver.di spricht von „Lohnraub“
Die Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus fordert die Verringerung der Arbeitszeit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Ostteil der Stadt. Damit solle die Lohnkürzung in Höhe von rund 1,4 Prozent ausgeglichen werden, die ihnen der rot-rote Senat seit Juli zumute, sagte gestern die Grünen-Fraktionschefin Sybill Klotz. Statt bisher 40 Stunden sollen die Ostbeschäftigten wie ihre Westkollegen nur noch 38,5 Stunden arbeiten. Ein entsprechender Dringlichkeitsantrag soll in der heutigen Abgeordnetenhaussitzung eingebracht werden.
„Wir wollen nicht, dass der Solidarpakt den Bach runtergeht“, begründete Klotz ihren Schritt. Der Senat verhandelt zurzeit mit den Gewerkschaften über den so genannten Solidarpakt, mit dem die Personalkosten im öffentlichen Dienst gekürzt werden sollen. Klotz: „Da muss es ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten geben.“ Andernfalls stoße man die Beschäftigten nur vor den Kopf. Die Verkürzung der Arbeitszeit lasse sich weitgehend kostenneutral regeln, ist sich Klotz sicher. Wenn die Arbeit in den Verwaltungen anders organisiert würde beziehungsweise so genannte Überhangkräft eingesetzt würden, müssen ihrer Ansicht nach keine neuen Stellen geschaffen werden.
Hintergrund ist ein Beschluss des Senats, wonach den Ostbeschäftigten seit dem 1. Juli rund 1,4 Prozent vom Bruttolohn abgezogen wird. Dabei handelt es sich um einen Eigenanteil an einer Rentenzusatzversorgung, der bisher nur von den Westbeschäftigten zu entrichten war. Die Ostbeschäftigten mussten diesen Eigenanteil zunächst nicht aufbringen, weil sie aufgrund einer geringeren Anzahl von Beitragsjahren auch geringere Versorgungsleistungen aus der Zusatzrente zu erwarten hatten. Mit der Lohnkürzung sollen rund 15,9 Millionen Euro jährlich gespart werden; als Begründung wurde eine Angleichung der Ost- an die Westentgelte genannt.
Die Landesvorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Susanne Stumpenhusen, sprach von „Lohnraub“ bei den rund 30.000 Betroffenen. Die Solidarpaktverhandlungen würden „durch einseitige Maßnahmen des Senats belastet“. ROT
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