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Blick aus Gaza auf Trumps FriedensplanEin leuchtender Bildschirm zwischen den Zelten

Die Nachbarn unserer Autorin bauen extra einen Fernseher auf, um die Rede des US-Präsidenten Trump zum Friedensplan live verfolgen zu können. Es regt sich leise Hoffnung.

Hoffnung in Zeltstädten: Die Nachbarn unserer Autorin haben extra für die Trump-Rede einen Fernseher aufgebaut Foto: Jehad Alshrafi/ap

A ls am Montag bekannt gegeben wurde, dass Trump eine Konferenz abhalten würde, um über das Waffenstillstandsabkommen zu sprechen – und dass Israel bereit sei, dieses zu akzeptieren – bereiteten wir uns vor: Unsere Nachbarn aus dem Zelt nebenan packten einen Fernseher aus, um die Konferenz zu verfolgen. Sie hatten ihn aus ihrem Haus mitgenommen, als sie vertrieben wurden. Dann schlossen sie ihn an eine Autobatterie an, justierten die Antenne – und schon begann die Übertragung.

Als ich vor dem Fernseher saß, erfüllte mich ein warmes, nostalgisches Gefühl. Es versetzte mich in die Zeit zurück, als wir noch ein Zuhause hatten und als Familie gemeinsam vor dem Bildschirm saßen. Es ist so lange her, dass ich das letzte Mal einen Fernseher leuchten sah.

Als die Konferenz begann, hallte Trumps Stimme durch die stille Nacht. Alle hörten in völliger Stille zu – ohne Jubel, ohne sichtbare Freude. Auch nach dem Ende gab es keine Feierlichkeiten. Denn wir warten immer noch auf eine Antwort der Hamas. Und wie es uns geht, hängt an dieser Antwort.

Doch die Hoffnung war da. Bis Netanjahu wieder mit seinen drohenden Erklärungen begann. Und im Prinzip sagte, dass er den Krieg auch dann nicht wirklich beenden würde, sollte der Friedensplan angenommen werden. Die Zweifel kehrten zurück.

Wer kann Netanjahu noch beeinflussen?

Ich verfolge die Nachrichten über Abkommen und Vereinbarungen nicht mehr so wie eng früher. Heute lese ich einfach Schlagzeilen, etwa: „Ein neuer Friedensplan“. Und mache mir dann keine Mühe mehr, den Rest des Artikels noch zu lesen.

Ich frage mich: Wie wird sich dieser Friedensplan des US-Präsidenten Donald Trump einreihen – unter den vielen, die er seit seiner Rückkehr ins Amt angekündigt hat?

Jedes Mal, wenn Trump einen neuen Friedensplan ankündigt, begrüßt Israels Premier Benjamin Netanjahu ihn zunächst. Um dann kurz darauf Erklärungen zu veröffentlichen, die darauf hindeuten, dass er sich zu keiner Vereinbarung verpflichten will. Jedes Mal verspricht er außerdem, dass es möglich bleibe, zu militärischen Maßnahmen zurückzukehren. Es scheint also niemand – nicht einmal Trump selbst – in der Lage zu sein, Netanjahu dazu zu zwingen, den Krieg zu beenden. Wie kann es sein, dass all diese mächtigen Nationen so machtlos sind gegenüber Netanjahu?

Bei uns hat im Laufe der vergangenen beiden Jahre die Erkenntnis eingesetzt: Diese Verhandlungsmanöver sind nichts als Tricks, um die Welt zumindest kurzfristig zum Schweigen zu bringen. Und die Aufmerksamkeit von den vielen Verstößen gegen uns, die Menschen im Gazastreifen, abzulenken.

Beten für den Frieden

Doch vielleicht wird es diesmal anders: Viele Menschen hier im Gazastreifen sind vorsichtig optimistisch. Alle reden über den Trump-Plan und diskutieren, was er leisten könnte. Aber die Angst, sich zu große Hoffnungen zu machen, bleibt bestehen.

Es ist unser tiefster Wunsch, dass dieser Friedensplan der letzte, der Endgültige sein wird. Dass er den Krieg wirklich beendet. Und dass Netanjahu gezwungen sein wird, ihn ohne Manipulationen oder Verzögerungen zu befolgen.

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Die vergangenen Monate waren die wohl schlimmsten des Krieges: die Hungersnot, die Vertreibung aus Gaza-Stadt, die völlige Erschöpfung. Ich bete von ganzem Herzen, dass bald Frieden einkehrt. Es ist mein einziger Wunsch.

Seham Tantesh, 24, aus Beit Lahia, ist die Cousine unserer Reporterin Malak Tantesh. Sie wurde insgesamt mindestens neun Mal vertrieben; im Frühling 2025 wurde ihr Vater bei einem Luftangriff getötet.

Internationale Jour­na­lis­t*in­nen können seit Beginn des Kriegs nicht in den Gazastreifen reisen und von dort berichten. Im „Gaza-Tagebuch“ holen wir Stimmen von vor Ort ein.

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