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■ GastkommentarÜberläufer werden immer hoch gepriesen

Er ist bestimmt einer der besten im Senat, vielleicht sogar der beste überhaupt. Von wem könnte der Bürgermeister in solchen Superlativen reden wie jetzt über van Nispen. Überläufer werden immer hochgepriesen. Das hat van Nispen schon einmal geschafft, als er es unerträglich fand, noch länger in der SPD zu sein. Seine damals neuen Freunde von der FDP gerieten in Verzückung über sein Talent und stellten gern die Weichen ihm nach oben. Richtig inszeniert, lohnen sich Aus- und Übertritte. Wenn Jäger am 21. Februar nach seiner letzten Senatssitzung traurig aus dem Rathaus schleicht, winkt van Nispen dem politischen Versager vom Senatstisch lässig nach.

Das FDP-Kapitel hat der schlaue Fritz endgültig abgeschlossen. Da bleibt ihm die Erklärung erspart, wie ein Spitzenmann so pennen konnte, nichts vom Intrigenspiel um ihn zu merken. Auch als er seine Unterschrift unter das Ultimatum setzte, das Fücks zum Rücktritt zwingen sollte, blieb ihm verborgen, daß dies der Kurzschluß für die Ampel war. Er war noch immer ahnungslos, was Jäger und Konsorten planten, als er wie sie die Koalitionsschlichtungsrunde mied. Was hilft's der FDP, wenn sie jetzt zetert, van Nispen habe alles mitgemacht und sei erst ausgestiegen, als der Coup statt Stärkung nur Blamage brachte. Sie bleibt jetzt im Verschiß. Wer leckkgeschlagene Boote schnell genug verläßt, behält die Füße trocken.

Thomas Franke (SPD), Bildungssenator a.D.

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