■ Gastkommentar: Hochschulprovinz
Der nun von Senator Radunksi vorgelegte Entwicklungsplan für die Hochschulen bringt an den Tag, was (beinahe) alle wissenschaftspolitischen Akteure dieser Stadt lange verkündet haben: mit den Kürzungen im Hochschulbereich kann die von der Koalition vorgegebene Zielzahl von 85.000 Studienplätzen nicht annähernd gehalten werden. Rund 10.000 weitere Studienplätze, so stellt es der Plan in Aussicht, müßten ab dem Jahr 2000 abgebaut werden. Als Alternative sieht Radunski nur die Einführung von Studiengebühren.
Seit 1993, als an den Berliner Hochschulen noch 115.000 Studienplätze angeboten wurden, gibt es in Sachen Hochschulabbau kein Halten mehr. Immer stärker werden die Hochschulen als Kostgänger des Landes angesehen, die es gelte abzuspecken. Mittlerweile sind wir allerdings auf einem Niveau angekommen, wo es schwierig ist, den Badarf allein der Berliner Studierenden zu decken. An Zugereiste ist eingentlich kaum zu denken. Damit wird ebenso die angestrebte Internationalisierung der Hochschulen, also gerade auch das gezielte Werben um ausländische Studierende, zum Wunschdenken.
Der Senat hat immer noch nicht begriffen, daß Berlin gerade in einer dichten Wissenschaftslandschaft eines seiner wenigen Entwicklungspotentiale hat. Wir brauchen nicht weniger, sondern deutlich mehr junge Menschen mit einem hohen Bildungsstand, um den Strukturwandel in der Stadt gestalten zu können. Berlin braucht 100.000 Studienplätze. Sollte Radunskis Entwicklungsplan aber umgesetzt werden, wird Berlin geistiges Potential als Importartikel handeln müssen. Anselm Lange
Hochschulpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen
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