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Gastkommentar Hartz IV-DebatteWürdiges Leben, grundgesichert

Diese Debatte muss endlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Erst durch eine stabile, allgemeine Grundsicherung ist Selbstbestimmung möglich und wird Eigeninitiative gefördert.

U nter dem Slogan "Leistung muss sich lohnen" versammeln sich derzeit sowohl die überaus vielstimmige Regierungskoalition als auch Teile der Opposition und begründen so eine Überarbeitung der Hartz-Reformen: von der FDP mit ihrem Bürgergeld über Rüttgers und die SPD, die fordern, höhere Leistungen denjenigen zu gewähren, die länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, bis hin zur Arbeitsministerin, die höhere Zuverdienstgrenzen für Hartz-Beziehende will. Alles soll gerechter, aber vor allem "leistungsgerechter" werden.

Wer erfolgreich seine Arbeitskraft vermarktet hat und lange abhängig erwerbstätig war, soll gefördert werden. Jene, die sich erfolglos bemühen oder die einer nichtbezahlten Tätigkeit nachgehen, gelten nicht als LeistungsträgerInnen.

Diese Debatte muss endlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Erst durch eine stabile, allgemeine Grundsicherung ist Selbstbestimmung möglich und wird Eigeninitiative gefördert. Durch die Androhung von Sanktionen wird sie eher behindert. Es braucht mehr als die notwendige Verbesserung der Zuverdienstmöglichkeiten. Damit Menschen ein würdiges Leben führen können, müssen sie in die Lage versetzt werden, an der Gesellschaft teilzuhaben. Dazu benötigt man nicht zuletzt auch Geld.

privat

Wolfgang Strengmann-Kuhn ist rentenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion.

Es ist eine falsche Vorstellung, zu glauben, bei der Ausgestaltung der Grundsicherung gehe es nur um die Armen. Wenn der Sozialstaat kein solides Fundament hat, sind die höheren Stockwerke auf Sand gebaut. Wichtig ist deswegen ein Bürgerrecht auf Grundsicherung. Der Anspruch auf eine Grundsicherung, die in andere garantierte Sozialleistungen eingebettet ist, darf kein soziales Recht zweiter Klasse sein.

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13 Kommentare

 / 
  • H
    HierWegenEuch

    Ich finde es erstaunlich, dass in der momentanen Diskussion "Leistung muß sich wieder lohnen" oder "schärfere Sanktionen gegen HartzIV-Empfänger"

    nicht auch mal die gegenüberliegende Seite der Gesellschaft betrachtet wird: Die Gutbetuchten, die sich durch vielfältige Abschreibungsmöglichkeiten, von denen Otto Normalverbraucher meist keinen blassen Schimmer hat, arm rechnen können.

    Denn genaugenommen sind diese Abschreibungen oder Subventionen auch eine Belastung für die Allgemeinheit, nämlich in Form von entgangenen Steuereinnahmen. Aber darüber spricht niemand. Warum nicht?

    Welcher Politiker fordert von den Gutbetuchten, die keiner Arbeit nachgehen und somit auch keinen Beitrag für die Gesellschaft leisten, eine solche anzunehmen? In letzter Konsequenz natürlich auch den 1-Euro Job.

    Und wer sich verweigert, dem wird die Abschreibung gestrichen. Ja aber... wird der Politiker gleich einwenden... das ist doch gaaaaanz was anderes. Und wer soll denn das bitte kontrollieren oder umsetzen?

    Da antworte ich: Dieselbe Schnüffelbürokratie, die unsere Arbeitslosen und Hartz IV Empfänger bis in die entlegensten Winkel ihrer Intimsphäre ausspioniert. Man stelle sich vor, ein Mitarbeiter der Arbeitsagentur schnüffelt bei der Millionärsgattin im Badezimmer und zählt die anwesenden Zahnbürsten. Nicht auszudenken wäre das, kein Politiker würde es wagen, diesen „Leistungsträgern“ unserer Gesellschaft dies zuzumuten. zuzumuten. Stellen wir uns also die Frage: Wie lange wollen wir uns diese Volksverdummung noch gefallen lassen?

    Kämpfen wir für ein Bedingungsloses Grundeinkommen, dann können wir uns diese entwürdigenden Diskussionen

    ersparen.

  • DG
    Dirk Gober

    Den Leistungsgedanken sollte man tatsächlich einmal konsequent zu Ende denken und danach die Einkommen bemessen:

     

    a) Toilettenfrau, die 8 Stunden die niederste Arbeit verrichtet, dafür keine Ausbildung braucht

     

    b) der Manager, der die besten Abschlüsse incl. Auslandsstudium etc. hat, und dessen Firma wegen der Praxis, die sich nicht an die Ideologie und Theorie halten will, Verluste macht.

     

    Ich kann mir nicht helfen, aber eine tatsächliche Leistung wird von a) erbracht.

  • H
    hto

    Zitat WOLFGANG STRENGMANN-KUHN: "Es ist eine falsche Vorstellung, zu glauben, bei der Ausgestaltung der Grundsicherung gehe es nur um die Armen."

     

    Ist schon klar, es geht hier auch nicht um ein kollektives Bewußtsein, sondern um die kollektive Intelligenz im "gesunden" Konkurrenzdenken / die gewohnte Bewußtseinsbetäubung der Hierarchie in gebildeter Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche und materialistischer "Absicherung".

     

    Wenn besonders die da Oben nicht zumindest eine gewissensberuhigte Rechtfertigung für ihren Profit in "Arbeit macht frei" und "Wer soll das bezahlen?" gestalten können, dann fürchten sie sich selbstverständlich um ihre Pfründe - es geht um die Pflege des geistigen Stillstandes seit der "Vertreibung aus dem Paradies, dafür muß alles wie gewohnt schön blödsinnig bleiben, in gewohnter Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll.

  • D
    der_wixxer

    Wenn ich als Selbständiger viele Jahre erfolgreich tätig war und etliche Leute in Lohn und Brot waren, dann aber durch Unvermögen, Gier und Verwertungspräferenz der Kreditgeier meiner Hausbank alles verliere, war und bin ich natürlich kein Leistungsträger der Gesellschaft... ich hab ja nie eingezahlt - mal von Steuern in nicht unerheblicher Höhe abgesehen!

    Die Grundsicherung muß her - ohne Wenn und aber, Bürgergeld und höhere Verbrauchssteuern sowie eine Abschaffung des restlichen Steuerdschungels. Dann ist das finanziert und weil jeder wirklich frei ist, das zu tun, was ihn interessiert, wird es auch eine nicht unerhebliche Zahl neue Arbeitsplätze geben. Und als angenehmer Nebeneffekt werden einige mafiöse Unternehmungen in Vertrieb und Zeitarbeit ganz schnell weg vom Fenster sein!

  • OM
    Oliver Mauelshagen

    Der Slogan "Leistung muss sich wieder lohnen" ist ein unglaublich menschenverachtender.

    In einer Gesellschaft werden Funktionen auf die einzelnen Mitglieder übertragen.

    Der Mensch ist ein soziales Wesen, ohne Austausch wird er krank und stirb.

    Auch der Dorfdepp, der Bettler, der Bucklige und der ALG IIler haben eine Funktion in der Gesellschaft, die gar nicht hoch genug geachtet werden kann. Menschen werden auch in Rollen gedrängt und sehen in bestimmtem Verhalten ihre Überlebenschance.

    Die Interdependenz zwischen Individuum und Organisation oder Gesellschaft ist nur schwer zu greifen.

    Vielleicht geht es über die psychologischen Begriffe der Abspaltung und Projektion.

    Hat man ein besseres Verständnis dieser Begriffe, und wie dadurch eine kollektive Realität geschaffen wird, hat man nur noch Mitgefühl für alle Lebewesen, für den ALGII-ler (die Frage: Selbst verschuldet oder unschuldig? stellt sich nicht mehr), wie auch für die Ausgrenzenden, die darüber ihre eigene Identität stabilisieren.

  • C
    Ceylan

    Eine Sozialversicherung soll gegen Armut schützen. Und eine Versicherung, die nur unter bestimmten Konditionen wirklich versichert, ist keien Versicherung mehr. In der Regel würde man sie auch kündigen, nur das geht ja nicht, weil sie eine Zwangsabgabe ist.

    Hartz-IV zeigt doch nur eins: Es gibt nur noch eine brüchige soziale Sicherheit und einen ratlosen Sozialstaat samt Arbeitsamt. Das wäre alles irgendwo akzeptable, wäre nich vor fünf Jahren das System reformiert worden. Eine Reform sollte doch eine deutliche Verbesserung bringen, aber die sehe ich bei Hartz-IV nicht.

    Ein Bürgergeld wäre eine Alternative, aber auch nicht ohne Nachteile, denn das könnte schnell zu einer Alimentierung von Nichts führen, bei Hartz soll ja immerhin aktiviert und vermittelt werden. In der Praxis findet das zwar nicht statt, aber Geld einfach so zu verteilen, ist wirklich nicht ohne Risiko.

    Es gibt ja in Deutschland sowieso schon den Trend zu Leben ohne Arbeit und mit 50 ist schluss. Das ist meiner Meinung nach ein größeres Problem: Ein Land ohne Arbeitschancen ist auch zu einem Teil schon ohne Zukunft und Perspektiven.

  • UP
    Ute Plass

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    Ich unterstütze die Position von Wolfgang Strengmann-Kuhn und engagiere mich ebenfalls für die Einführung eines Grundeinkommens. Die Arbeitsgesellschaft alten Zuschnitts ist ein Auslaufmodell. Wir können in dieser unserer Gesellschaft ohne Erwerbsarbeit leben, jedoch nicht ohne ein Einkommen!

     

    Das Netzwerk Grundeinkommen formuliert dazu folgende Kriterien:

     

    Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das bedingungslos jedem Mitglied einer politischen Gemeinschaft gewährt wird. Es soll

     

    * die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,

    * einen individuellen Rechtsanspruch darstellen,

    * ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt werden,

    * keinen Zwang zur Arbeit bedeuten.

     

    Dass sich hinter diese Forderungen immer mehr Menschen stellen macht Hoffnung in diesen hoffnungslos erscheinenden Zeiten.

  • A
    Amos

    Jetzt vor den Wahlen beginnt man wieder zu tricksen.

    Jetzt will man sogar schon die Hartz IV- Empfänger in

    "Kasten" aufteilen, damit die sich untereinander bekriegen sollen-, nach dem Prinzip: teile und herrche.

    Die schrecken vor nichts zurück um das "Stimmvieh"

    reinzulegen. Unter den Hartz IVlern gibt es welche,die

    sich 40-Jahre lang treten ließen, dann gibt es welche,die Krank und nie eine richtige Chance hatten.

    dann welche,deren Charakter stärker als die Gier war...

    will man die jetzt alle in Gruppen einteilen?

    Wie wäre es wenn man mal oben bgänne mit gerechter

    Verteilung von Bezügen? Z.B.: Der Politiker hat 20-Nebeneinkünfte-, der braucht eigentlich gar keine

    Diäten mehr vom Steuerzahler, der hat "nur" 5-Nebeneinkünfte, der bekommt soundsoviel, der hat keine Nebeneinkünfte, der bekommt die vollen Diäten,

    und so weiter und so fort. Auf die Idee kommen diese

    Scharlatane nicht. Gerechtigkeit für alle, wäre ein

    Bürgergeld. Es gibt demnächst keine anständige Rente

    mehr-dank des Neoliberalismus und der Macht des Kapitals, also müsste ein Bürgergeld her und nicht

    die Frechheit die Bedürftigen untereinander auszuspielen.

  • D
    Dirk

    rock it!

  • AP
    arno paulus

    Schade, dass Herr Strengmann als Parteimensch sich weigert die brete Diskusion über ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Kenntnis zu nehmen. Denn auch in seiner Partei wird darüber seit Jahren diskutiert.

    "Wenn die Worte nicht stimmen,wird auch das Werk nicht gelingen" (Konfuzius). Der Begriff "bedingungsloses Grundeinkommen" ist der Begriff, mit dem viele kleine Initiativen seit Jahren arbeiten. Solidarität beginnt mit der Akzeptanz der gemeinsamen Sprache.

  • C
    c.l.

    Vielen Dank, dass Sie das Thema Grundsicherung in die Debatte einbringen. Es existieren viele unterschiedliche Arten von Armut - manche davon haben nichts mit der Frage von im Sinne von messbarer Leistung im Sinne von Beiträgen für das Bruttosozialprodukt zu tun. Hier ist vor allem an den immer schlechter bezahlten Bereich kreativer Arbeit zu denken. Es existiert - neben den Gruppen, die aufgrund der kontinuierlichen Abschaffung von akzeptablen Arbeitsangeboten keine "Leistungsträger" der Geselleschaft mehr sein können, auch eine wachsende Gruppe derer, deren Angebote niemand will. - Seien es (stets gut ausgebildete) Theaterleute, Filmschaffende, Autoren, Bildende Künstler oder Musiker. Diese brauchen, um ihre naturgemäß niemals bedingungslos marktgerechte, aber zweifellos gesellschaftlich relevante Arbeit zu tun, ganz dringend einer grundsätzlichen finanziellen Absicherung.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Grundsicherung präzisieren: bedingungsloses Grundeinkommen realisieren!

     

    Ich kenne Wolfgang Strengmann-Kuhn als Befürworter eines bedingungsloses Grundeinkommens (BGE). Insofern erscheint mir dieser Kommentar doch als etwas lau.

     

    Dabei könnte gerade ein bedingungsloses Grundeinkommen die von ihm geforderte Ausgangsbasis für zusätzliche Erwerbseinkommen sein.

     

    André Presse, ebenfalls ein Wissenschaftskollege zu Wolfgang Strengmann-Kuhn, kommt in seiner Dissertation an der Universität Karlsruhe im Dezember 2009 auf einen Finanzbedarf von rund 12 Milliarden Euro, um ein BGE zu realisieren.

     

    Leider sind sich die bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten uneins ob GrundSICHERUNG oder bedingungsloses GrundEINKOMMEN.

     

    Derzeit ist die FDP in Sachen Bürgergeld entschlossner als die Büdnisgrünnen - leider.

     

    Deshalb GRÜN.GUT.GRUNDEINKOMMEN

     

     

    L.P. Häußner, Bündnisgrüne Stadt Karlsruhe

    und Mitglied im GRÜNEN NETZWERK GRUNDEINKOMMEN

  • PW
    packen wir an

    Wir sollten wirklich nie das Ziel aus dem Auge verlieren, ein grundgesichertes würdiges Leben führen zu können. Den Lebensqualität und Zeit für alle, und nicht nur Geld, ist das wichtigste. Aber um dieses zu erreichen müssen wir uns auf das wichtigste Problem unserer Zeit, an dem alles hängt, konzentrieren. Wir brauchen wieder verlässliche Arbeitsplätze mit gutem Einkommen, denn eine Grundsicherung kostet Geld.

     

    Doch die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller. Leider glauben die meisten Menschen das, dass so sein müsste. Da ist aber ein Trugschluss !

     

    Uns müsste es eigentlich immer besser gehen, da wir mit so wenig Aufwand wie noch nie immer mehr produzieren können !

     

    Uns geht es aber immer schlechter! Statt immer besser !

    Eigentlich sollten wir immer weniger arbeiten müssen. Jede Produktivitätssteigerung sollte uns eine bessere Lebensqualität bringen.

     

    Gehen wir endlich die Ursachen der Arbeitslosigkeit mit dem Arbeitsguthaben System an.

     

    http://www.arbeitslosigkeit-besiegen.de