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Gasstreit vorerst beigelegtMoskau und Kiew signieren Vertrag

Im Gasstreit mit Russland akzeptiert die Ukraine höhere Preise. Das bringt die Wirtschaft in große Schwierigkeiten. Jetzt bleibt nur die Hoffnung auf fallende Marktpreise.

Jetzt kann auch auf dieser Verteilerstation in der Nähe von Budapest gehofft werden, dass das russische Erdgas auch ankommt. Bild: reuters

LEMBERG taz Die staatlichen Energieversorger Russlands und der Ukraine, Gazprom und Naftogaz, haben am Montag in Moskau nach einem beispiellosem Gasstreit einen neuen Vertrag unterzeichnet. Das Dokument lege Gaspreise und Transitgebühren fest, meldete die Agentur Interfax. Damit ist nach fast zwei Wochen Totalblockade der Weg frei für eine Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen durch die Ukraine in Richtung Westen. Bis Montagmittag war noch kein Gas gen Westen geflossen.

Allerdings blieben auch am Montag einige Fragen offen. Die Ukraine hat sich bereit erklärt, für 2009 deutliche höhere Preise für die russischen Gaslieferungen zu akzeptieren, ohne gleichzeitig die Transitgebühr anzuheben. Laut russischen Medienberichten wird Kiew im ersten Quartal 2009 einen Preis von etwa 350 bis US-360 Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas zahlen. Dieser würde dann etwa 20 Prozent unter dem "europäischen Durchschnittspreis" liegen. Unklar bleibt bisher, ob die Ukraine mit dieser Kalkulation einverstanden ist. In verschiedenen ukrainischen Medien werden sehr unterschiedliche "europäische Preise" genannt.

Für die ukrainische Volkswirtschaft würde der neue Preis einen herben Rückschlag bedeuten. Die oppositionelle Partei der Regionen, die in erster Linie die Interessen des Industriekapitals im Osten des Landes vertritt, behauptet, dass Gaspreise über 250 Dollar die Schwerindustrie in den Ruin treiben werden. Unabhängige Wirtschaftsexperten sind vorsichtiger in ihren Einschätzungen, sie gehen aber auch davon aus, dass die höheren Gaspreise die ohnehin von der Krise stark gebeutelte ukrainische Wirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen können. Laut pessimistischen Prognosen könnte die Industrieproduktion des Landes in diesem Jahr sogar um bis zu 10 Prozent zurückgehen.

Kein Wunder, dass Kritik an der Regierung laut wird. Der unabhängige ukrainische Energieexperte Alexander Narbut spricht sogar von einer Kapitulation. "Bei diesem Preis wird die ukrainische Wirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Und durch die niedrige Durchleitungsgebühr verliert die Ukraine jährlich mindestens 3,5 Milliarden Dollar möglicher Einnahmen."

Weniger Probleme hätte die ukrainischen Premierministerin Julia Timoschenko allerdings, wenn der Gaspreis im Laufe des Jahres deutlich sinken würde. Möglicherweise hofft die Regierung, dass man im Moment aus Eigenvorräten in den vollen Gasspeichern schöpfen kann. Der Vorstandsvorsitzende des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Oleg Dubina, bestätigte am Sonntag, dass die Vorräte für die Versorgung bis April reichen. Das würde bedeuten, dass die Ukraine unter Umständen das teure russische Gas gar nicht kaufen muss. Ab April erwartet man bereits deutlich niedrigere Preise. Einige Experten rechnen damit, dass der Gaspreis für die Ukraine im Jahresdurchschnitt bei etwa 230 bis 240 Dollar liegen könnte. Naftogaz war im Dezember im Preispoker mit den Russen bereit, bis zu dieser Grenze zu gehen - bei gleichbleibenden Transitgebühren.

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1 Kommentar

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  • JP
    Joachim Petrick

    War der Gasstreit gar keiner?, sondern ein Gas- Fehl- und Engpass aus der Mitte des russischen Rohstoff- Raumes in Sibirien?

    Gasprom, eine aufgeblasene Gerhard Schröder gedopte russiche Puppe, vom erbarmungswürdigen Format einer Maus, getarnt als Rohstoff- Liefer Gigant?

     

    Russland eine Rohstoff- Maus, die sich eine Rohstoff- Monopolisten Tiger- Attrappe namens Gasprom übergestülpt?

     

    Vertrag duftet nach Vertragen, wovon Moskau und Kiew weit entfernt, Moskau in „Finanznot“ wie die Ukraine, diese in die Arme der gefühlt „finanzstarken“ EU treibt?

     

    Michai Gorbatschow hat vergeblich, Zunge zeigend, mit Händen und Füssen ringend, versucht, der EU mit seiner Glasnost, Perestroika den Blick für die wahren Verhältnisse des angeblichen Rohstoff Giganten Russland zu schärfen, die Augen der Europäer/innen millionenfach zu öffnen, damit alle Völker Europas endlich erkennen, dass Russland auf dem Niveau einer Rohstoff- Maus lebt, die sich eine Rohstoff- Tiger- Monopolisten Attrappe namens Gasprom übergestülpt.

     

    Hätten die Völker Europas die Signale Gorbatschows erkannt, Glasnost, Perestroika als Rettungsschirm, als Investitions- und Konjunkturprogramm für alternative, herkömmliche Energien, Kraft- Wärmekoppelung wie im Königreich Dänemark, gedeutet und beherzigt, wäre an uns die gegenwärtige globale Finanzkrise wirkungslos vorbeimarschiert, wie die hungrigen Nahrung und Heizstoff konfiszierenden Truppen Napoleons an den eingeschneiten Dörfern Schleswig- Holsteins im eiskalten Winter 1805/06.

     

    Statt desssen wurde die Konjunkturmaschine Glasnost, Perestroika in einem demokratiserten Russland medial global in Grund und Boden zu Asche gefaselt unterfinanziert.

     

    Als „tollstefanstes“ Ergebnis dieses weltkonjunkturellen Irrwegs, tauchte 2005 der „Gasprom- Tochter Schläfer“ aus dem idyllischen Hannover, Gerhard Schröder, Bundeskanzler „Außer Dienst“ als“Osteee- Pipeline Engel“ auf, Wladimir Putin knuffig in und an die Seite zu treten.

    Da hilft nur Beten!, oder?

    Endlich die missliche Lage Russlands als unterfinanzierte Industrie- und Rohstoff- Region anzuerkennen, mit Wirklichkeitssinn anzuerkennen, wie Stimmen in Warschauer Gazetten, dass Gasprom in jedem Winter gar nicht über das Gas für seine Kunden in Westeuropa und andernorts verfügt, die Gasprom lauthals wie großsprecherisch im Sommer ankündigend für den Winter verheißt.

     

    Das, was an Gas von Gasprom in uikrainischen Pipelines wundersam wie technisch erklärbar verschwindet, verschwindet im Volumen tausendfach in den maroden Gasprom- Pipelines von Sibirien bis Europa.

     

    Russland steht mit Gasprom jährlich, bisher nur im Winter, vor der „Rohstoff- Gefährder“ Frage, soll es Kälteaufstände der eigenen Bevölkerung, in den Regionen, Provinzen, Städten, gar in Moskau, St. Petersburg riskieren, oder robust den Ärger mit nachtragend leidtragenden ums zeitnah versprochene Gas geprellten Kunden/innen in Westeuopa geduldig hinhaltend auf sich nehmen?

     

    Wer da wie Öl- , Gas- Gevatter Gerhard Schröder aus Hannover niedergesächselt noch der Ostsee Pipeline das Wort redet, organisiert schon die nächste Finanz- und Brennstoffkrise mit fertiggestellten Investitions- Bauruinen auf höchstem Technikstand und Folge- Kostenniveau?

     

    tschüss

    Joachim Petrick