: Gaskunden müssen weiterhin in die Röhre gucken
Der Wettbewerb im liberalisierten Gasmarkt lässt auf sich warten: Die Ex-Monopolisten bremsen. Die regionalen Versorger sehen sich unter Druck und bauen Arbeitsplätze ab
Berlin (taz) – Verkehrte Welt: Während die Strompreise durch den Wettbewerb um bis zu 30 Prozent gesunken sind, ziehen die Gaspreise zur Zeit kräftig an. Dabei gibt es beim Gas wie beim Strom seit zwei Jahren keine Monopole mehr.
Von den höheren Preisen sind bundesweit alle Haushalte mit Gasversorgung betroffen. Nach einer Umfrage des Hamburger Fachdienstes EID lagen die Gastarife 1999 im Jahresvergleich um rund elf Prozent höher als im Vorjahr. Tendenz: steigend.
Zu Beginn des neuen Jahres haben sich Gasversorger, etwa in Oldenburg (EWE AG), Hamburg (Hein-Gas) oder die Stadtwerke Leipzig, einen Preiszuschlag von bis zu 16 Prozent genehmigt. „Wir haben noch keinen Wettbewerb. Die Ex-Monopolisten wollen ihre Gewinne so lange wie möglich halten“, so Manfred Panitz vom Verband der Energie-Abnehmer, der die Interessen mittelständischer Unternehmen vertritt. Ihm ist noch kein Fall bekannt, in dem ein Gasversorger versucht hat, einen Kunden im Revier eines anderen Ex-Monopolisten zu beliefern.
Begründet wird die Zurückhaltung damit, dass eine Regelung zur Durchleitung von Gas durch fremde Netze fehlt. Dabei halten die großen Energie- und Industrieverbände dieses Instrument selbst in der Hand. Wie beim Strom hat es die Bundesregierung der Wirtschaft überlassen, in einer Verbändevereinbarung die Durchleitung zu regeln.
Ob diese Runde tatsächlich an einer zügigen Einigung interessiert ist, kann bezweifelt werden. Hauptvertreter der Kundenseite ist der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der auch die Gaswirtschaft zu seinen Mitgliedern zählt. „Ein Anachronismus“, meint Manfred Panitz. Die Verhandlungen sind ins Stocken geraten. Der für Ende Dezember vorgesehene Abgabetermin eines ersten Entwurfs der Vereinbarung wurde bereits versäumt. Das Bundeswirtschaftsministerium erhöht deshalb den Druck auf die Verbände. Ende dieses Monats müssen sie zum Rapport antreten. „Falls die Gaswirtschaft sich nicht einigt, müssen wir den Verordnungsweg einschlagen“, kündigt der zuständige Referent Günther Waschke an. Der Gesetzgeber hätte die Möglichkeit, eine Regulierungsbehörde einzurichten, die die Durchleitungstarife festsetzt.
Die Zeit drängt. Ende Januar beginnen die Arbeiten für die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes, bis August muss die EU-Erdgasrichtlinie in nationales Recht umgesetzt worden sein. „So lange schröpfen die Gasversorger die Verbraucher“, sagt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher.
Die Gasunternehmen begründen die aktuelle Entwicklung mit den steigenden Ölpreisen, an die der Gaspreis gekoppelt ist. Doch das rechtfertigt nach Ansicht von Peters die derzeitigen Aufschläge nicht: „Die Hauptbestandteile des Gaspreises privater Haushalte sind die Aufschläge der Verteilunternehmen. Das Gas kostet beim Grenzübergang rund einen Pfennig, und die Verbraucher zahlen stolze sechs Pfennig“, rechnet er vor. Der Bund der Energieverbraucher hat das Bundeskartellamt eingeschaltet, um überprüfen zu lassen, ob die Versorger ihre Marktposition missbrauchen.
Doch dass der Wettbewerb trotz der Verzögerungstaktik der Gaswirtschaft bereits im Anmarsch ist und den Markt neu aufteilen wird, zeigen andere Indizien: Das große Fressen hat bereits begonnen. Die PreussenElektra und der finnische Energieriese Fortum wetteifern um eine Allianz mit regionalen Energieverorgern in Ostwesfalen-Lippe. Die RWE hat sich mit fünfzig Prozent an der Thyssen-Gas beteiligt und wird mit der VEW-Energie auch mit einem der größten Gasversorger fusionieren.
Die über vierzig regionalen Unternehmen und 700 Stadtwerke, die bisher das Gas verteilen, müssen rationalisieren, um dabei mithalten zu können. Am Horizont zeichnet sich bereits ab, welche schmerzlichen Folgen das für die Mitarbeiter haben wird: Die VNG Verbundnetz Gas AG in Leipzig, größter Versorger in Ostdeutschland, hat ihrer Belegschaft bereits mitgeteilt: Um Kosten zu sparen und konkurrenzfähig zu bleiben, steht jeder fünfte der rund 1.000 Arbeitsplätze auf der Streichliste.
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