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Garnisonkirche nimmt Gestalt anDer Turmbau zu Potsdam

Architekten haben Pläne zum Wiederaufbau der Garnisonkirche als Kirche und Kulturzentrum vorgelegt.

Stein auf Stein: Spenden-Ziegel für die Garnisonkirche. Bild: dpa

Die Geister Preußens haben am Wochenende in Potsdam wieder kräftig geklappert. Am Sonntag stellte der Münchner Architekt Thomas Albrecht die Entwürfe für den umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche vor. Bereits am Samstag hatten die Stiftung und der Förderverein zum Wiederaufbau der Garnisonkirche auf ihren jeweiligen Sitzungen beschlossen, die 100 Millionen Euro teure Rekonstruktion "jetzt zügig voranzutreiben", wie Fördervereinsvorstand Johann Peter Bauer sagte. Zu DDR-Zeiten war die ehemalige barocke Hofkirche des Soldatenkönigs als "Symbol des preußischen Militarismus" gesprengt worden. Bis 2017 soll nun der Turm als erster Bauabschnitt stehen.

Nach den Plänen von Albrecht bedeutet dieser erste Bauabschnitt eine "besondere Herausforderung für das Architekturbüro", weil der 88,5 Meter hohe Glockenturm wie ein "hohes Hochhaus" geplant werden müsse. Die schlanke Spitze, so der Architekt, stehe bis zur Errichtung des Kirchenschiffs allein und müsse statisch dafür stabil konstruiert werden. Für die Baumaterialien seien Ziegel und Beton vorgesehen. Der Glockenstuhl werde aus Holz gefertigt. Während für den Turm eine "originalgetreue barocke Außenfassade, aber eine moderne Innengestaltung vorgesehen ist", sei für das spätere Kirchenschiff auch innen die barocke Rekonstruktion beabsichtigt. Rund 30 Millionen Euro wollen Spender und die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg bis 2017 für den ersten Bauabschnitt investieren.

Über den Wiederaufbau der Garnisonkirche gibt es in Potsdam bis heute eine Kontroverse. Während die Förderer der Kirche, u. ha. Altbischof und Stiftungsmitglied Wolfgang Huber, Exbundespräsident Richard von Weizsäcker und Jann Jakobs, SPD-Bürgermeister von Potsdam, die Rekonstruktion als "großes Zeichen" zur "Wiedergewinnung der historischen Mitte Potsdams" und zur Aussöhnung mit der Vergangenheit sehen, wie Huber am Sonntag sagte, finden andere das Vorhaben revisionistisch.

Für die Bürgerinitiative Potsdam ohne Garnisonkirche etwa ist das Bauwerk Philipp Gerlachs von 1735 ein Teil der üblen preußisch-militaristischen Geschichte, so BI-Aktivist Henri Herborn. Zudem verkörpere die Garnisonkirche den Ungeist der Nazis. 1933 ließ sich Adolf Hitler dort als neuer Reichskanzler feiern. Rund ein Dutzend Menschen demonstrierten am Samstag gegen den Wiederaufbau in der Potsdamer Breiten Straße.

Etwas Wind aus den Segeln der Kritiker hofft die Stiftung dadurch nehmen zu können, dass der Turm zwar "außen historisch genau", innen aber modern ist. "Es wird im Innern des Turms keine barocke Gestaltung geben, es werden moderne Räume entstehen", erläuterte Albrecht. Zudem seien sich Stiftung und Förderverein einig, dass der einst - bis auf die Glocken und Treppenhäuser - "ungenutzte Turm nun verschiedene Nutzungen erhält", so Huber. So würden im Erdgeschoss eine Kapelle für den Gottesdienst und ein Vortragssaal entstehen, darüber seien kulturelle Nutzungen für eine Bibliothek und Seminarräume für Bildungsveranstaltungen geplant.

Im dritten Stock des "Hochhauses" soll auf 300 Quadratmetern eine große Dauerausstellung die wechselvolle Geschichte des Orts erzählen. Und ganz hinauf werde einmal ein Fahrstuhl zu einer Plattform fahren, "mit dem besten Blick über Potsdam", so Albrecht.

Man kann sicher sein, dass die Kritiker der Hochhaus-Garnisonkirche darauf verzichten könnten.

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5 Kommentare

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  • N
    Name

    Altbischof muss 4200 Euro zurückzahlen

    Huber ließ bei Stiftung "private" Post bearbeiten

    Freitag, 24. Februar 2012 11:23 - Von Gudrun Mallwitz

     

    Altbischof Wolfgang Huber hat Ärger wegen der Nutzung seines Büros als Kuratoriumsvorsitzender der Potsdamer Stiftung Garnisonkirche. Dort hatte er auch "private Post" bearbeiten lassen. Jetzt muss er 4200 Euro zurückzahlen.

     

     

    http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article1911908/Huber-liess-bei-Stiftung-private-Post-bearbeiten.html

  • G
    glubschi

    @Saupreiss

    Du musst bedenken, dass die Potsdamer Garnisonkirche im Unterschied zum Brandenburger Tor als Ort der geistlichen Einschwörung preußischer Soldaten auf den Krieg in ihrem ganzen Wesen so errichtet und unter anderem deshalb von den Nazis für den Festakt zur Machtergreifung ausgewählt wurde. Ziel war, in diesem symbolischen Ereignis ein Band zwischen deutschnationalen Konservativen und dem Faschimus zu knüpfen, denn nicht zuletzt brauchte man deren Unterstützung bei der zwei Tage später anstehenden Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes. Die preußische Vorgeschichte der Garnisonkirche zeigt aber, dass sie auch ohne Hitler und die Nazis überflüssig wie ein Kropf ist!

  • S
    Saupreiss

    Nun kann die Potsdamer Garnisonskirche sicherlich nichts dafür, dass sie einst von Hitler propagandistisch missbraucht wurde - schließlich diente auch das Brandenburger Tor als Kulisse für Nazi-Fackelaufmärsche, wie so viele andere Orte. Dennoch hat man es wieder hergestellt. Der "Tag von Potsdam" war eben nur ein Tag in der langen Geschichte dieses Bauwerks. Ich kann die Sehnsucht nach historischen Versatzstücken gut verstehen, nachdem in der Wiederaufbauphase hüben wie drüben soviel historische Bausubstanz gedankenlos abgeräumt wurde.

  • R
    Rotzgoere

    @Biermösl Blosn

     

    So sieht's aus!!!

     

    Die fertige Kirche wird zu einem neuen Wallfahrtsort für Neonazis. Da kann die evangelische Kirche mit schönen Infoplakaten gegensteuern wie sie will.

  • BB
    Biermösl Blosn

    Der "Tag von Potsdam", gefeiert in der Garnisonskirche, war der endgültige Sieg der Nazis über die Demokratie. Die "Versöhnung" der Nazis mit den "alten Kräften", symbolisiert durch die Verneigung Hitlers vor Hindenburg, wurde dementsprechend propagandistisch ausgeschlachtet. Dieses symbolisch so stark belastete Bauwerk wieder aufzubauen ist selbst unter den Vorzeichen der leider allgemein grassierenden Rekonstruktionitis schlicht eine Schande, für jeden geschichtsbewussten Menschen geradezu erschütternd.