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Garagen, Gesichter, Schemen

■ Fotografien von Angela Grauerholz in der Galerie Franck + Schulte / Sechs Großbilder und ein Quartett

Wo immer sie steht und geht, fotografiert sie. Angela Grauerholz ist eine unersättliche Bildersammlerin. Die meisten ihrer Aufnahmen existieren allerdings nur als Negative, denn die Künstlerin ist zugleich eine kritische Perfektionistin. Nicht jedes Motiv wird zum Bild, die Auswahl muß stimmen, denn der Aufwand für das einzelne Bild ist groß. Sieben Silberdruck- Fotografien sind in der Ausstellung zu sehen, alle von monumentaler Größe und eingefaßt in einen schmalen dunklen Holzrahmen.

Trotz der Größe wählt Grauerholz für die Abzüge ganz einfache Motive, kleine Alltagssichten: einen Hinterhof, eine Häuserzeile, ein Gesicht, die Rückenansicht einer Frau zwischen Feldern. So auch die Exponate ihrer zweiten Einzelausstellung in Deutschland. Zuvor hatte sie im Westfälischen Kunstverein Münster und auf der letzten documenta in Kassel ausgestellt, das erste Mal wieder seit ihrer Auswanderung '76 nach Kanada. „Neue Fotografien“ heißt es jetzt etwas lapidar in der Galerie Franck +Schulte, wo sie noch bis zum 18. November ausstellt.

Eines der Bilder zeigt einen Hinterhof, im Fluchtpunkt ein massiges Haus, streng symmetrisch, die Perspektive leicht gekippt. Nichts ist zu sehen außer einem Auto, einigen schemenhaften Containern vor den Garagen, heller Fenster und einer dunklen Tür an der Seite. Die Konturen verschwimmen in diffusem Licht, das Braun der Wände wirkt spröde. Nichts, was wirklich ist, keine Geschichte, kein faktischer Bezug – Ort und Raum bleiben unbestimmt, das Bild selbst wird zur Projektionsfläche für den Betrachtenden, der darin Erinnerungen erblickt, die aber nie konkrete sind. Mal ist es ein Portrait oder ein Salon-Bild, was ans Paris der 20er Jahre erinnert, mal narrt einen die eigene Geschichte. Ein anderes Exponat ist das „Quartett“, ein Silberdruck von '94. Das Bild einer Düne, der Spuren im Sand, Mädchenbeine im Wasser, über dem Wasser ein Schwarm Möwen in der Luft. Vier Orte. Vertraut und gleichzeitig entrückt, halten die Bilder Distanz zum Betrachter, lüften nicht den Schleier, hinter dem vielleicht eine ganz andere Geschichte verborgen ist. Das Licht wirft irisierende Splitter über den sepiafarbenen Grund. Die Beine des Mädchens sind rundlich. Über allem die Unberührbarkeit eines Traumbildes.

Angela Grauerholz' Bilder sind Fragmente angehaltener Zeit. Die ihnen immanente Bewegung, ihr fließender Charakter, das allmähliche Verschwinden der bildnerischen Gegenstände sind wie Zeichen der verrinnenden Zeit, das Foto der Beweis des unwiderruflich vergangenen Momentes, der erst durch die Aufnahme zu einem solchen geworden ist. Und doch behalten ihre Bilder dabei etwas Entrücktes, Leichtes bei.

Grauerholz ordnet ihre Bilder streng nach Kompositionsprinzipien der Malerei: Sorgfältig unterscheidet sie im Aufbau zwischen Vorder-, Mittel- und Hintergrund, gliedert nach Schwere und Richtung, wählt mal eine ungewöhnliche Perspektive, mal einen schmalen Anziehungspunkt im Zentrum des Bildes, der zur „Lektüre“ des Bildes verleitet. Meist aber sind ihre Abzüge von angemessener Größe. Manchmal kann das sogar den fotografischen Ursprung des Bildes vergessen machen. Julia v. Trotha

Angela Grauerholz: „Recent Photographs“. Galerie Franck + Schulte, Mommsenstraße 56, Mo.–Freitag 11–18 Uhr, Sa. 11–15 Uhr.

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