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Ganz umsonst und weit draußen

■ Blau-Weiß Spandau gewinnt souverän mit 25:20 (11:9) gegen Bayer Dormagen/ Eintritt und Würstchen frei, um lustlose Werkswerfer zu bestaunen.

Charlottenburg. Wenn es was umsonst gibt, ist immer was los. Wenn freier Eintritt, eine Spitzenmannschaft lockt, und sogar die Würstchen in der Pause nichts kosten, ja dann bequemen sich selbst die BerlinerInnen an regnerischen Abenden ins unwirtliche Westend hinter dem Maifeld.

Wenn einem, sportlich gesehen, das Wasser schon an der Kinnspitze steht, wenn nur ein gewonnenes Heimspiel hilft und dafür Trost und Unterstützung vieler BesucherInnen gebraucht werden, gibt's immer was umsonst, wird immer was geboten. Wenn das gegenseitige Zufriedenstellen solcher Interessen gewährleistet ist, nur dann scheinen sich die Handballer von Blau-Weiß Spandau und ihre Fans schon ganz gern zu haben.

So zogen denn mehr als 3.000 Menschen zum Horst-Korber-Sportzentrum, um mit vielerlei Brimborium, Krach und Rabatz dieser Halle zum ersten Mal ein wenig Leben einzuhauchen; einzig zu dem Zweck, ihren Blau-Weißen zu einem Sieg gegen den Tabellendritten Bayer Dormagen zu verhelfen.

Was auch vorzüglich gelang. Es ist schon ein wenig seltsam, daß die Spitzenvereine der Handballbundesliga all ihre Extraklasse vergessen, sobald sie in Berlin spielen müssen. Bis auf den Spitzenreiter Fredenbeck vor einer Woche ließen die Spandauer bisher alle übermächtigen Kontrahenten recht schlecht aussehen, für objektive Handballbetrachter eine zwiespältige Angelegenheit. Zum einen sind Freude und Hoffnung nach solchen Erfolgen groß, daß Spandau vielleicht doch noch in der Ersten Liga bleibt, zum anderen ist es enttäuschend, was die großen Stars in Berlin bieten.

Die Spieler einer großen Fabrik aus Dormagen benahmen sich da nicht anders. Deren Coach Horst Schmitz hatte zwar ausdrücklich gewarnt vor der Spandauer Heimstärke, doch seine Stars wie die Nationalspieler Klemm, Fitzek und Kelle sowie der rumänische Toresammler Marian Dumitru scherten sich nicht drum.

Zwei listige Kreisanspiele zu Beginn in Tateinheit mit zwar elegantem, aber drucklosem Spiel waren ihnen erst mal genug, ansonsten schienen sie sich auf ihren Torwart verlassen zu wollen.

Doch der hatte auch keine Lust, oder den Besen vergessen, der Hexer, mit bürgerlichem Namen Andreas Thiel; wie gewohnt mit finsterem Blick und geierhafter Haltung stand die lebende Torwartlegende im Kasten, begierig nach den Bällen schnappend. Aber nur drei Würfe konnte er halten, ließ sich sogar für zehn Minuten auswechseln und wurde von seiner Abwehr schmählich im Stich gelassen, die sich zusehends ratloser zeigte gegen die tückischen Tricks von Juri Schewzow, genaue Rückraumwürfe von Andreas Wigrim und die selbst den diesmal genialisch-dilettantischen Brecherversuchen des Riesenbabys Andreas Nagora hilflos zuschaute.

Der eigentliche Star des Abends stand allerdings auf der anderen Seite im Tor. Nachdem Carsten Hein wegen einer Sperre fehlte und Uwe Kern gleich verletzt ausschied, durfte Jugendnationaltorwart Daniel Braun aus der zweiten Mannschaft zwischen die Pfosten und hielt mal eben sechzehn Würfe und zwei Siebenmeter. Er hatte aber den Vorteil, daß ihn seine Mitspieler nicht alles alleine machen ließen, sondern mit vorzüglicher Abwehrarbeit Dormagens Dumitru und Konsorten kaum Möglichkeiten zum freien Wurf ließen.

Das Tüpfelchen auf die hübsche Leistung der Spandauer setzte natürlich der immer lausbübischer werdende Stefan Kretzschmar. Er führte nicht nur den großen Thiel bei allen Strafwürfen an der Nase herum, sondern kullerte ihm aus unmöglicher Position zum letzten Spandauer Tor den Ball unter dem Fuß hindurch. Gemein. Schmiernik

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