piwik no script img

Gaddafis JüngsterDer Ex-Student aus München

Saif al-Arab Gaddafi soll bei einem Nato-Angriff umgekommen sein. Gaddafis Sohn hat in München studiert. Er musste Deutschland als unerwünschte Person verlassen.

Jugendliche halten Bilder vom angeblich getöteten Saif al-Arab Gaddafi hoch. Bild: reuters

BERLIN taz | Kaum war die Nachricht vom Tod Saif al-Arab Gaddafis in Tripolis in der Welt, meldeten sich auch schon vorsichtige und skeptische Stimmen. "Unbestätigte Berichte" hieß es unisono aus Brüssel, London und Washington.

Und kaum waren in Bengasi die Freudenfeiern über den Tod des jüngsten Sohns des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi verklungen, kamen in den von den Rebellen gehaltenen Gebieten Zweifel am Wahrheitsgehalt der Meldung auf. Das Ganze sei nur eine Taktik, um Sympathien zu gewinnen, hieß es. Andere merkten an, die offiziellen Medien würden ohnehin nur Lügen verbreiten.

Saif al-Arab ist von den acht Kindern Gaddafis das am wenigsten bekannte. 1982 geboren, ging er 2006 Jahren nach München und schrieb sich als Student an der Technischen Universität ein. Welche Fächer er belegte, ist nicht bekannt; sein Studium schloss er nicht ab.

Dafür haben seine Aktivitäten außerhalb der Hochschule teils für Schlagzeilen gesorgt. Saif al-Arab lebte auf großem Fuß, liebte Partys, Frauen und große, schnelle Autos, von denen er gleich mehrere besaß, und hinterließ Rechnungen in Höhe von rund 900.000 Euro, als er die Bundesrepublik im Februar dieses Jahres verließ. Zuvor war er zur unerwünschten Person erklärt worden.

Das lag an seinen Problemen mit der Justiz. Zweimal musste er seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer abgeben, er mischte auch bei einer Schlägerei in einer Disco mit. Zwischen November 2006 und Juli 2010 waren bei der Staatsanwaltschaft zehn Verfahren und ein Vorermittlungsverfahren anhängig.

Dabei ging es neben dem Verdacht auf Körperverletzung auch um den des Verstoßes gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz. Presseberichten zufolge soll er Sturmgewehre in einem Diplomatenfahrzeug geschmuggelt haben. Doch die Verfahren gegen Saif al-Arab wurden aus Mangel an Beweisen eingestellt.

Nach seiner Rückkehr nach Libyen wurde er von seinem Vater in den Osten des Landes geschickt, wo er eine Kampftruppe im Einsatz gegen die Protestbewegung befehligte. Nun ist er offenbar einem Nato-Angriff zum Opfer gefallen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • KK
    kaltblütiger Kindermord und humanitäre Demagogie

    Genauer gesagt es sind Saif al-Arab Gaddafi und die drei Enkelkinder Gaddafis - die 2-jährige Carthage, die Tochter von Gaddafis Sohn Hannibal, die 6 Monate alte Mastura, Tochter von Gaddafis Tochter Aisha, sowie den 15 Monate alten Saif Mohammed, Sohn von Gaddafis Sohn Mohammed welche kaltblütig von den NATO-Truppen ermordet worden! Übrigens hat die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag in einer aktuellen Antwort zugegeben, dass ihr keine Erkenntnisse für die systematische Bombardierung von Demonstranten und Zivilisten seitens der libyschen Regierung vorliegen würden! Die NATO und an vorderster Front Frankreich, Großbritannien und die USA mißbrauchen das humanitäre Völkerrecht, indem sie Lügen über Kriegsverbrechen verbreiten um sich ein UNO-Mandat erschleichen und dann selber einen kriminellen Angriffskrieg gegen ein Mitgliedsland der UNO führen zu können. Es ist eine Schande, dass die Grünen auf diese humanitäre Demagogie hereinfallen und schwarz-gelb in ihrer Kriegstreiberei rechts überholt haben. Dabei sollte doch jeder eingesehen haben (siehe Irak und Afghanistan), dass alles viel schlimmer wird, wenn man die Menschenrechte herbeibomben will und auch noch klar ist, dass es den Beteiligten Kriegsmächten gar nicht um diese Menschenrechte sondern um Öl, Marktzugänge und Militärbasen geht.

  • SS
    Stefan Seither

    Och, wie schade,

    jammer- jammerschade.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Besser man liest das ganze Kriegsgesabber nicht mehr. Der Frontverlauf steht fest. Wo die TAZ steht ist auch klar. Und das die Wahrheit immer das erste Kriegsopfer ist weiß man seit Menschengedenken. Es ist einfach zynisch, unmenschlich und ekelhaft. Das kann beim besten Willen nicht gut gehen...