piwik no script img

Gabriele Paulis Medienstrategie"Das ist PR-Lehrbuch, S. 18"

Frau Paulis Medienpräsenz ist enorm. Sie provoziert. Sie spaltet. Sie will den CSU-Vorsitz. Alles Strategie? Ex-"Bild"-Chef Udo Röbel sagt, sie sei ein Spielball der Medien - und selbst schuld.

"Dieses naive Polithascherl soll Edmund Stoiber gestürzt haben?" Bild: reuters

taz: Herr Röbel, wir würden mit Ihnen gern über Gabriele Paulis Medienstrategie sprechen.

Udo Röbel: Ha! Welche Strategie?

Sie glauben wirklich, sie hat keine?

Sie hat keine und hatte nie eine.

Eigentlich sollte die erste Frage lauten, ob Gabriele Pauli in Sachen Medienkompetenz mit Paris Hilton vergleichbar sei.

dpa
Im Interview: 

UDO RÖBEL, 57, kennt viele Seiten der Medienbranche. Er erhielt den Wächterpreis, war dpa-Korrespondent, Chefredakteur von Express und Bild. Bei seinem Dienst fairpress.biz können sich Betroffene zu unwahren Medienbehauptungen äußern.

Pauli spielt Kreisliga, Hilton spielt Weltliga. Ich würde sagen: Beiden ist ein suchtartiges Verlangen gemeinsam, sich in den Medien zu positionieren. Das hat mit Eitelkeit zu tun, die schon exhibitionistische Züge annimmt.

Man könnte auch sagen: Kaum eine Politikerin oder ein Politiker sonst hat so geschickt die sogenannte Ochsentour umgangen wie Frau Pauli.

Das war nicht geschickt. Ich glaube, sie ist zum Spielball der Medien geworden.

Aber sie hat immerhin über politische PR promoviert. Sie müsste doch wissen, was sie tut.

Man lernt das Mediengeschäft nicht aus dem Lehrbuch. Jede Geschichte entwickelt ihre eigene Dynamik, und in ihrem Fall war die Dynamik gegen sie. Aber gut, man kann die Frage stellen: Hat sie durchschaut, was sie tut? Oder wurde sie verführt vom süßen Ruhm und ist ihm erlegen und darüber gestolpert?

Nehmen wir mal an, sie hätte es durchschaut.

Dann lassen Sie uns die Geschichte durchgehen. Anfang des Jahres erfuhren wir, dass es in Bayern irgendeine CSU-Landrätin gibt, die nach oben tritt. Man musste von Flügelkämpfen ausgehen, von Auseinandersetzungen. Man suchte in ihrem Privatleben nach etwas, was man ihr anhängen kann.

Pauli prangerte das an. Das hat ihr nicht geschadet.

Aber daraufhin wurde sie zur "schönen Landrätin" und "schönen Rebellin" ernannt. Damit war die Spur gelegt: Sie hatte ihr Etikett. Und sie hat nicht versucht, das im Keim zu ersticken. So wurde eine zweite Bühne eröffnet, und ihre politischen Inhalte wurden überhaupt nicht wahrgenommen. Wenn man Polit-PR studiert hat, muss man doch in jeder Pressekonferenz sagen: Rebellin, okay - aber mit Schönheit hat das alles nichts zu tun. Ihr erster Fehler war, in der Talkshow von Sabine Christiansen aufzutreten. Mein Eindruck damals war: Dieses naive Polithascherl soll Edmund Stoiber gestürzt haben? Und wenn sie dann bei einem Fotoshooting Latexhandschuhe gereicht bekommt ...

... für die Fotos im Magazin Park Avenue ...

... dann muss sie doch wissen, wo das Ding hinläuft: Das war die Luder-Nummer.

Die Geschichte kippte mit den Latexhandschuhen?

Ja klar. Ich gestehe Gabriele Pauli zu, dass sie am Anfang noch mit dieser Schönheitskiste kokettierte. Aber beim Latex war es vorbei. Die weiß-blaue Flagge, in die sie sich jetzt hüllte ...

... für das Titelblatt der aktuellen Bunten ...

... ist die logische Folge. Das ist wie damals Rudolf Scharping im Swimmingpool.

Ebenfalls Fotos in der Bunten. Der damalige Verteidigungsminister mit seiner Freundin, während die Bundeswehrsoldaten gerade loszogen.

Scharping hatte jedes Gespür verloren. Er war so erfüllt von der Liebe, dass er sich nicht entblödet hat, diese Fotos zu machen.

Der Unterschied: Pauli kann über die Selbstboulevardisierung nicht stürzen wie der Verteidigungsminister. Sie kann nur aufsteigen. Heute kandidiert sie für den CSU-Vorsitz.

Aber wird sie ihn bekommen?

In ihrer Doktorarbeit über Polit-PR schreibt Pauli, durch "provokante Aufmachung" könne man ein Thema eher in die Presse lancieren. Man muss ihr lassen: Sie hat sich durch Provokation positioniert.

Ach, provokante Aufmachung. Das ist PR-Lehrbuch, Seite 18. So wie Fritzchen sich die Medien vorstellt.

Hätte sie nicht provoziert, wäre sie halt nach wie vor eine unbekannte Landrätin.

Sicher ist Provokation ein Mittel, um in die Medien zu kommen. Aber man muss doch irgendein Ziel verfolgen. Zuletzt hat sie provoziert mit der Art, wie sie ankündigte, sie wolle, dass die Ehe auf sieben Jahre begrenzt werde.

Das Thema wurde so oft von den Medien aufgegriffen, dass die KollegInnen aus dem taz-Archiv erstaunt fragten, ob wir das wirklich alles lesen wollten.

Und die Argumente, die hinter Paulis Vorschlag stecken, wären durchaus erörternswert. Aber was bringt ihr die Provokation? Dass das Thema nicht ernst genommen wird. Niemand diskutiert ernsthaft darüber. Sie hat PR-Lehrbuch, Seite 38, befolgt: Wie schlage ich ein Thema tot? Gabriele Pauli hat ihre politischen Ziele nicht entwickelt.

Nur mal angenommen, ihr eigentliches Ziel wäre nicht eine große politische Karriere, sondern, festgefahrene CSU-Strukturen aufzubrechen.

Geht es ihr darum, schlägt sie doch sehr komplizierte Bögen.

Was lernen wir aus der Geschichte über die Medien?

Die Medien sind, wie sie sind. Da kann ich ihnen keinen Vorwurf machen. Stars müssen wissen, was sie fürs Starsein bezahlen. Pauli betrat die Bühne als "schöne Landrätin". Da greifen eben die klassischen Mechanismen.

Bleibt uns Gabriele Pauli Ihrer Ansicht nach denn als Medienfigur erhalten?

Die Lust an der exhibitionistischen Selbstzerstörung ist jedenfalls vorhanden. Aber ich gehe davon aus, dass sie noch ein Fotoshooting macht - und als Luder-Fußnote der CSU endet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • AH
    andreas hörmann

    Udo Röbel ist ein renommierter Journalist. Doch seine Analyse zu Frau Pauli ist wenig überzeugend mit Tendenz zur Überheblichkeit. Frau Paulis PR-Verhalten ist nicht besser oder schlechter als das vergleichbarer Politikertypen (es gibt auch völlig andere, keine Frage). Man müsse schließlich, so Röbel, mit der Provokation ein Ziel verfolgen. Abgesehen davon, dass das inhaltliche Ziel bei den zahlreichen anderen Selbstdarstellern auch nicht erkennbar ist, erreichte Frau Pauli doch zweifellos ein strategisch sehr wichtiges Ziel: Bekanntheit. Über die bayrische Landesgrenze hinaus war die CSU-Landrätin bis vor kurzen doch noch völlig unbekannt. Bekanntheit ist die Mindestvoraussetzung um gegen Stoiber antreten zu können. Gut, sie hat es am Ende nicht geschafft, ging mit 2 plus x Prozent unter. Aber dass sie überhaupt antreten konnte gegen die Etablierten, dass wäre ohne das zuvor kummulierte Aufmerksamkeitskapital nicht möglich gewesen. Im übrigen kann man Rudolf Scharpings Fauxpas nicht mit Frau Paulis Coverfoto auf BUNTE vergleichen. In einer damals politisch angespannten Zeit inszenierte sich Scharping in privat peinlicher Weise auf Wolke 7 planschend. Frau Pauli inszeniert sich hingegen gerade nicht in ihrer Privatheit, sondern inszeniert sich als Darstellerin, wie sie als Rollentypus wahrgenommen werden möchte. Man muss das PR-Buch ganz lesen um das zu begreifen, nicht nur bis Seite 18.

  • A
    Alster

    Eins ist gewiss-,die Pauli liebt sich. Vielleicht

    würde es etwas nützen, wenn sie zuhause einige Spiegel abhängt. Mit Narzißmus allein, kann man

    keine gute Politik machen.