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GALles wird gut

Hamburgs Grüne üben sich in Schadensbegrenzung: Die erste Hürde zur Bürgerschaftswahl wird per Kampfkandidatur genommen  ■ Von Sven-Michael Veit

Hamburgs GALier sind sich, wer hätte das gedacht, einig: „Alles wird gut“, lautet die flügelübergreifende Botschaft, die gestern verkündet wurde, auf daß sie geglaubt werde. Einig sind sich die Landesvorstands-Sprecherinnen Krista Sager und Antje Radcke sowie Fraktionschef Willfried Maier vor allem in einem Punkt: Am kommenden Wochenende, bei der Aufstellung der Kandidatenliste für die Bürgerschaftswahl im September, werde es „kein Durchzocken“eines Parteiflügels geben.

Weder die Realos um Sager und Maier noch Radckes Linke wollen es „zu einem Eklat“kommen lassen. „Es wird“, so die dreistimmige Prophezeiung, „eine pluralistische Liste“geben. Es wird aber auch zur angekündigten Kampfabstimmung um den ersten Platz zwischen der aus Bonn zurückgekehrten Krista Sager und der von den Parteilinken aufgestellten Gegenkandidatin Anna Bruns kommen. Das Rennen um den Spitzenplatz, auch darin herrscht Einigkeit, sei „durchaus offen“. Denn keines der beiden Lager hat eine sichere Mehrheit, das Zünglein an der Waage wird der flügelunabhängige Mittelblock bilden.

Damit nach der heftigen Fehde der vergangenen Woche wieder zusammenwachse, was noch immer zusammengehöre, übt sich das GALische Dreigestirn in trauter Eintracht in Schadensbegrenzung. Den Aufruf des Realo-Flügels an alle Sager-Fans, vollständig zur Wahl-Versammlung zu erscheinen (taz berichtete), dürfe man „nicht dramatisieren“, flötet Maier. Die Linke habe diesen Mobilisierungsversuch denn auch „mit unaufgeregter Stimmung“zur Kenntnis genommen, flötet Radcke zurück. Und damit ist der gemeinsam aufgetragene dünne Lack dann auch schon ab.

Denn es könne nicht einfach nur darum gehen, im September „den Wahlerfolg zu maximieren“, stellt Antje Radcke klar. Die „Identität der Partei“dürfe keinen Schaden nehmen, alle müßten hinter Programm und Personen stehen können. Das sei wichtiger als Vermutungen darüber, ob eine Spitzenkandidatin Sager oder Bruns mehr Prozente garantiere.

„Wir brauchen ein Wahlergebnis, das deutlich über dem Durst liegt“, hält Krista Sager dagegen. Daß das nur mit ihr zu erreichen sei, sagt sie nicht; daß nicht nur sie das denkt, ist ein offenes Geheimnis. Nur ein „Wahlsieger GAL“, der die 13,5 Prozent von der vorigen Bürgerschaftswahl klar übertrifft, könne eine große Koalition der Voscherau-SPD mit der von-Beust-CDU verhindern.

Rotgrün in Hamburg sei kein Schreckgespenst für die Linken, beteuert Antje Radcke. Allerdings gebe es „Mißtrauen gegen Partei und Apparat wie auch gegen sich selbst“: Ob „grüne Politik“gegen die SPD durchzusetzen sei, lautet eine bange Frage, ob „grünes Profil“auf der Strecke zu bleiben drohe, die zweite. Die Grünen müßten Wahlprozente „bis in die bürgerliche Mitte hinein optimieren“, fordert hingegen Krista Sager. Die „Angst vor Kompromissen“, die im Fall des rotgrünen Falles nicht zu umgehen sein werden, dürfe die GAL nicht lähmen.

Deshalb ist Willfried Maier auch sicher, daß „die Frage des politischen Erfolgs“auf der Mitglieder-Versammlung am Wochenende höher bewertet werden wird als „die Identität der innerparteilichen Lager“. Krista Sager habe beim Wahlvolk nun mal die größeren Chancen, und da er auf diese Einsicht im GAL-Volk vertraue, werde bestimmt noch alles gut. Flügelübergreifend.

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