G20-Treffen: Hedgefonds nicht mehr gehätschelt
Die Finanzminister der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen beschließen schärfere Kontrolle von Hedgefonds und Rating-Agenturen. Auf globales Konjunkturprogramm einigen sie sich nicht.
Eine gemeinsame Antwort auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise zu finden fällt den Regierungen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer sichtlich schwer. Bei den Vorbereitungen im britischen Horsham für den G-20-Gipfel Anfang April waren sich die Finanzminister der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Chinas und anderer Staaten zwar einig, dass sie die risikoreichen Hedgefonds schärfer kontrollieren wollen, zu einem neuen, weltweiten Konjunkturprogramm, das die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen stabilisieren könnte, haben die Regierungen aber noch keine koordinierte Haltung gefunden.
Was die künftige Regulierung der Finanzmärkte betrifft, machten SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und seine Kollegen Fortschritte. Geplant ist, die 100 größten der insgesamt 9.000 weltweit aktiven Hedgefonds einer Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden zu unterstellen. Die Investoren müssten dann der US-Aufsicht Security and Exchange Commission (SEC) oder der britischen Financial Services Authority (FSA) Einblick in ihre Bilanzen gewähren.
Hedgefonds nutzen große Summen geliehenen Kapitals für risikoreiche Transaktionen, die nach Einschätzung unter anderem des Bundesfinanzministeriums zur Finanzkrise beigetragen haben. Bisher entziehen sich die Investoren der Kontrolle durch die Regierungen weitestgehend, indem sie sich in Steueroasen wie den Cayman Islands ansiedeln, deren Behörden kaum Informationen über Finanzgeschäfte weitergeben. Mit dieser Tarnung soll bald Schluss sein: Dann müssten sich die größten Fonds in New York, London oder anderen Metropolen registrieren und kontrollieren lassen und dürften sich nicht mehr eine Miniinsel in der Karibik als offizielle Heimat aussuchen.
Eine ähnliche Beaufsichtigung ist offenbar auch für die wichtigsten Rating-Agenturen geplant. Diese haben durch falsche Bewertungen minderwertiger Kapitalanlagen maßgeblich zur Finanzkrise beigetragen. Die flächendeckende Aufsicht über alle Teilnehmer der Finanzmärkte peilen die Regierungen nicht an. Man will sich damit begnügen, die größten Akteure zu kontrollieren. Dieses Muster zeigte sich auch schon im Falle der Banken. Neue internationale Aufsichtsgremien überwachen jetzt die kapitalkräftigsten Finanzinstitute - in Deutschland die Deutsche Bank und die Allianz AG. Für Institute, die in viel größeren Schwierigkeiten stecken, wie die Hypo Real Estate oder die Commerzbank, ist dagegen keine neue Aufsicht vorgesehen. Globalisierungskritiker von Attac und auch die Grünen fordern dagegen, eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht zu gründen. Diese gibt es bisher nicht.
Nicht ausräumen konnten die Regierungen ihre Meinungsverschiedenheiten zu einem abgestimmten internationalen Konjunkturprogramm. US-Präsident Barack Obama will die europäischen Staaten davon überzeugen, über die bisherigen Programme hinaus noch einmal öffentliche Mittel von bis zu 2 Prozent der Wirtschaftsleistung zu investieren, um den weltweiten Abschwung aufzuhalten. Obama wünscht ein koordiniertes Vorgehen der G-20-Staaten. Steinbrück und Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnen das ab, vor allem, weil es ihnen zu teuer ist. Steinbrück müsste zusätzliche Schulden in Höhe von rund 50 Milliarden Euro aufnehmen.
Immerhin scheinen die G-20-Regierungen einig zu sein, die Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf rund 500 Milliarden Dollar zu verdoppeln. Mit diesem Geld unterstützt der IWF überschuldete Länder.
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