Fussballfans: HSV-Hooligans randalieren auswärts
Auf dem Weg zum Spiel in Mainz plündern Anhänger des Hamburger SV einen Bahnhofskiosk in Celle und verwüsten den Hauptbahnhof in Bielefeld.
Warum, mag man sich fragen, kam es ausgerechnet jetzt zu Ausschreitungen von Hooligans? Beim Spiel zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Köln am Freitagabend randalierten Kölner Fans in der Bochumer Innenstadt und im Stadion. Und auch am Samstag gab es Ausschreitungen. Nachdem es an der HSV-Front jahrelang relativ ruhig gewesen war, waren diesmal auch Hooligans aus Hamburg beteiligt.
60 Hooligans aus dem Umfeld des Hamburger SV machten sich in der Nacht von Freitag auf Samstag auf die Reise zum Auswärtsspiel nach Mainz und verwüsteten den Zug, in dem sie fuhren. Sie waren der Polizei, die sie eigentlich an der Abreise hatte hindern wollen, entwischt, weil die Zugsituation in Hamburg im Moment dadurch etwas unübersichtlich ist, dass einige Züge nicht bis Hamburg-Altona fahren, sondern nur bis Hauptbahnhof, andere, die normalerweise vom Hauptbahnhof starten, dies im Moment von Altona aus tun.
So war, anders als üblich, keine Polizei im Zug. Und dies nutzten die Hools aus. Bei einem Zwischenstopp in Celle wurde ein Kiosk geplündert. Von da an wurden die 60 jungen Männer von Polizisten begleitet, doch die rechneten nicht damit, dass sich die 60 in Bielefeld mit weiteren etwa 100 HSV-Hools verabredet hatten. Zusammen besetzten sie den Bahnhof und legten für eine halbe Stunde den Zugverkehr lahm, 27 Züge hatten Verspätung. Ein Servicepoint und zwei Geschäfte im Hauptbahnhof wurden platt gemacht. Scheiben gingen zu Bruch, Brandsätze flogen, auch Flaschen und Stühle. Bei den Verhafteten wurden selbst gebaute Sprengsätze gefunden.
Verletzte gab es nicht. Beamte der Bundespolizei nahmen die alkoholisierten Hooligans in Gewahrsam. Sie müssen mit Anklagen wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruch rechnen. Die Hools aus Hamburg wurden noch am Samstag in Bussen zurückgeschickt. Das Spiel in Mainz haben sie nicht im Stadion erlebt - aber das war ja auch nicht der Grund ihres Ausflugs.
Gerüchte, dass die Gewaltausbrüche an diesem WochenendeNachfolgekämpfe gewesen seien, die durch einen angeblichen Rückzug der Hools von Dynamo Dresden ausgelöst worden seien, stellten sich am Sonntag als falsch heraus. Den Gerüchten zufolge hätten die Dynamo-Ultras, die als die Härtesten der Szene gelten, auf ihrer Website erklärt, dass sie ihre Aktivitäten aufgeben wollten. Die Website war während des Wochenendes längere Zeit offline. Am Sonntagnachmittag, als sie unter einer neuen Adresse wieder online ging, fand sich dort kein Hinweis auf einen Rückzug. Die einzige Nachricht, die es in Zusammenhang mit den Dynamo-Ultras gab, stammte vom Freitag und besagte, dass der Verein künftig härter gegen Gewalttäter durchgreifen wolle. Künftig gebe es nicht nur Stadionverbote sondern es würden, in Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsamt, auch Bußgeldverfahren eingeleitet. Dresden ist auch nach dem Sieg gegen Heidenheim am Samstag noch nicht aus der Abstiegzone der Dritten Liga herausgekommen. Nicht zuletzt wegen der als gewälttigig bekannten Ultras hat der Verein Probleme, Sponsoren zu finden.
Zurückgezogen haben sich jedoch anscheinend die Ultras des einstigen Berliner Stasi-Vereins BFC Dynamo. Grund für den Rückzug seien "das Alter und persönliche Sachen jedes einzelnen", heißt es in einer Erklärung, die im Internet kursiert. Und weiter: "Das Motiv das hier zu veröffentlichen ist simpel. Es soll niemand behaupten, Berlin welches die letzten 20 Jahre die deutsche Hooliganszene geprägt und zu jeder Zeit dominiert hat, geschlagen zu haben."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut