Fußballfans

■ betr.: "Lust und Energie - statt Rassismus", taz vom 4.1.93

betr.: „,Lust und Energie‘ statt Rassismus“, taz vom 4.1.93

Im Artikel von Uwe Rada über die Antifaschistische Fußball-Fan-Initiative, kurz AFFI, wird an mehreren Stellen die Arbeit des Fan-Projektes Berlin (FPB) bewertet. Da sich der Autor Uwe Rada, entgegen den Gepflogenheiten eines seriösen Journalismus nicht die Mühe gemacht hat, gründlich zu recherchieren und die uns betreffenden Behauptungen von AFFI zu überprüfen, ist es für uns unabdingbar, diese Äußerungen richtigzustellen:

1.„...(AFFI) ist Berlins einziges Fan-Projekt von unten“: AFFI ist kein Fan-Projekt, sondern, wie der Name schon sagt, eine Selbstinitiative von Berliner Fußballfans. Im Gegensatz zu AFFI arbeiten die Mitarbeiter des FPB mit jugendlichen Fußballfans von Hertha BSC, vom FC Berlin, vom EHC Eisbären Berlin und vom 1. FC Union. Grundlagen unserer Arbeit sind der ideologie- und vorurteilsfreie Umgang mit den Jugendlichen und die Verhinderung von gesellschaftlicher Ausgrenzung. Auch dies unterscheidet uns gravierend von der Fan-Selbstinitiative AFFI.

2.In diesem Zusammenhang stellen wir fest, daß der bemerkenswerte Satz: „Ein Fußballfan ist noch lange kein Hooligan, und ein Hool noch lange kein Nazi“, schon seit zehn Jahren (zum Beispiel Fan-Projekt Bremen) Arbeitsgrundlage der Fan-Projekte in Deutschland ist. AFFI hat mit dieser Erkenntnis also nicht den Stein der Weisen entdeckt.

3.[...] Es ist eine an Verleumdung grenzende Unverschämtheit a) von AFFI zu behaupten und b) vom Autor diese Behauptung ungeprüft wiederzugeben, daß wir unter der Reichskriegsflagge säßen. Weder befinden sich solche Symbole in unseren Büroräumen noch würden wir unter solchen sitzen und arbeiten. Dies gilt auch für alle in der Bundesarbeitsgemeinschaft organisierten Fan-Projekte.

Natürlich ist auch das Thema Gewalt ein Schwerpunkt von vielen in unserer Arbeit. Wir erzählen jedoch nicht einen gegen Gewalt, sondern versuchen, die Bedürfnisse und Lebensräume der Jugendlichen kennenzulernen. Nur durch eine vorurteilsfreie Wahrnehmung ihrer Person ist es möglich, sie kritisch in ihrer Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen.

Bei der Komplexität und Vielschichtigkeit unserer Arbeitskonzeption ist die Bemerkung von Jens: „...wollen die Fans nur von der Straße holen“, an Plattheit nicht zu überbieten. Auch kann sich AFFI kein Urteil erlauben, wieviel von den Fan-Projekten gearbeitet und wann dort Feierabend gemacht wird. Hier haben wohl die althergebrachten Vorurteile gegen die Sozialarbeit durchgeschlagen.

Zu Aufbau und Inhalt des Artikels: Die Wahl des Bildes der jugendlichen Hertha-Fans in Verbindung mit der Bildunterschrift, der Überschrift des Gesamtartikels und der Textpassage über Hertha BSC zeugt, entgegen dem kritischen, aber seriösen Journalismus-Anspruch der taz, von einem Gesinnungsjournalismus einiger Autoren, besonders wenn es um die Berichterstattung über Fußballfans im allgemeinen und die Fans von Hertha BSC im besonderen geht (dies ist uns schon des öfteren unangenehm aufgefallen). Eine solche Berichterstattung wirkt stigmatisierend und vertieft die auf allen Seiten sowieso schon vorhandenen Vorurteile nur noch mehr, anstatt ihnen entgegenzuwirken. Gerade die Medien haben in diesem sensiblen Bereich auch eine besondere Verantwortung. Es müßte unser aller Anspruch sein, der zunehmenden Verrohung und Sprachlosigkeit unserer Gesellschaft entgegenzuwirken. Ralf Busch, Fan-Projekt Berlin