Fußball: Erfolgreich im Exil
Der 1. FC Union träumt vom Aufstieg in die Zweite Liga. Doch zur Winterpause sind mehrere Baustellen offen - zuvorderst die Modernisierung der Alten Försterei. Beim Spiel gegen Bayern verpassen die Köpenicker die Chance, sich von den Verfolgern abzusetzen.
Zum Jahresabschluss in der dritten Fußballliga schnellte der Adrenalinpegel beim 1. FC Union nochmals in die Höhe. Zwar war am Samstag "nur" die Reserve des deutschen Rekordmeisters Bayern München zu Gast im Jahnsportpark, der Ausweichheimat der Köpenicker. Ihre angestammte Arena an der Alten Försterei in der Wuhlheide wird derzeit bekanntlich modernisiert. Aber mit einem Sieg im ungeliebten "JSP", wo einst der verhasste Rivale BFC Dynamo Erfolge feierte, hätten die zweitplazierten "Eisernen" womöglich als Tabellenführer überwintern können.
Union blickte den Bayern selbstbewusst entgegen. Der Verein hat sich den Aufstieg in die Zweite Bundesliga zum Ziel gesetzt. Entsprechend forsch gab sich Präsident Dirk Zingler. "Wir bauen das neue Stadion nicht für die dritte Liga", erklärte er. In der Hinrunde hatten die Fußballer bislang Erfolg gehabt. Im "Exil" Jahnsportpark, den einige Unioner wegen seiner Dynamo-Patina boykottieren, waren sie ungeschlagen - bis zur Bayern-Partie. "Bayern wird ein absolut wichtiges Spiel. Gewinnen wir, und funktionieren die anderen Clubs so, wie wir uns das wünschen, dann haben wir einen großen Schritt gemacht", erklärte Sportdirektor Christian Beeck.
Berlins Fans strapazierten gegen die angereisten Münchner nicht nur die Stimmbänder. Man fuhr auch die Antenne aus in Richtung Paderborn und Wuppertal. Dort gastierten die Union-Jäger Fortuna Düsseldorf und Kickers Emden. Sollte Union die Bayern besiegen, so lautete das Kalkül der Köpenicker, Düsseldorf und Emden jedoch verlieren - dann betrüge der Vorsprung auf Platz drei satte sieben Punkte. Mit diesem Polster hätte man den Spielen im Frühjahr deutlich gelassener entgegensehen können.
Doch es sollte nicht klappen. Union kam gegen die kleinen Bayern nicht über ein 0:0 hinaus. Macchambes Younga-Mouhani und Michael Bemben scheiterten nach 27 Spielminuten am Aluminium des Gästetors. Einen Kopfballtreffer des Unioners Karim Benyamina in der 41. Minute erkannte Schiedsrichter Michael Stieler (Obertshausen) wegen angeblicher Abseitsstellung nicht an. "Zu Hause sind ein Remis zwei verschenkte Punkte", grantelte Unions Mittelfeldmotor Marco Gebhardt hinterher. Sein Trainer, Uwe Neuhaus, widersprach: "Ich bin zufrieden. Meine Mannschaft hat alles gegeben."
Von weihnachtlicher Ruhe kann bei den Eisernen zur Winterpause trotz des zweiten Tabellenrangs also keine Rede sein. Kein Wunder: Wichtige Baustellen sind nach wie vor offen - allen voran die größte an der Alten Försterei. Der Termin für die Eröffnung der modernisierten Arena verzögert sich weiter. Nachdem Union ursprünglich schon im Oktober an seinen traditionsreichen Spielplatz in der Wuhlheide zurückkehren wollte, war der heiß ersehnte Tag vor Wochen auf Mitte Februar verschoben worden. Denn die mit der Konstruktion des Tribünendachs beauftragte Firma aus der Slowakei konnte nicht rechtzeitig liefern. Am Freitag vor dem Bayern-Spiel musste Union die Fans erneut vertrösten. Sorry, es dauert noch mit dem Dach der Slowaken. Ende Februar soll es jetzt fertig sein. "Damit ist auch klar, dass wir zum ersten Spiel nach der Winterpause noch nicht in die Alte Försterei zurückkönnen", klagte Zingler.
Unions Abwehrchef Daniel Schulz ließ sich im Termingezerre um die Stadionwiedereröffnung zu einem Tabubruch hinreißen. Er rief den geächteten Jahnsportpark zum Glücksfall aus: "Da kann man sich mit dem Stadionbau in der Försterei ruhig noch ein bisschen Zeit lassen. Wir spielen hier gerne weiter, weil wir hier erfolgreich sind."
Nicht nur das Stadion, auch die Mannschaft soll aufgepeppt werden. Sportdirektor Beeck und Coach Neuhaus suchen nach Verstärkung für Angriff und Abwehr. "Wir beobachten den Markt", sagte Neuhaus. Zuvor hatte der Coach das Liebesdrama im Team beäugt: Verteidiger Steven Ruprecht bandelte mit der Verlobten seines Teamkollegen Torsten Mattuschka an. "Scheißsituation", jammerte Mattuschka. "Freunde werden die beiden nicht mehr", unkte Neuhaus.
Sein Wunsch, die zwei Spieler mögen professionell mit dem Ausstoß ihrer Liebeshormone umgehen, erfüllte sich nicht. Ruprecht wurde Anfang Dezember suspendiert. "Das Vertrauensverhältnis zwischen Steven und der Mannschaft ist erheblich gestört", begründete Neuhaus den Schritt. Eine Vorsichtsmaßnahme: Ruprechts "verbotene Liebe", ein Verstoß gegen den Ehrenkodex unter den Kickern, soll das Saisonziel des Vereins nicht gefährden. Union träumt weiter von der Zweiten Liga.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!