Fußball: Turbine schliddert zum Sieg
Die Potsdamerinnen erkämpfen sich ein 4:0 gegen unwillige Wolfsburgerinnen.
Die größte Überraschung ereignete sich fünf Stunden vor dem Anpfiff. Eine erneute Platzbegehung, so twitterte Turbine Potsdam am Sonntagvormittag, hätte ergeben, dass die Partie gegen Wolfsburg stattfinden könne. Reichlich Neuschnee war in der Nacht im Karl-Liebknechtstadion hinzugekommen und auf diesem rutschigen Geläuf, wäre es einfacher gewesen, statt eines Fußballspiels ein Hundeschlittenrennen zu veranstalten.
Weniger überraschend war indes das Ergebnis. Mit 4:0 gewann Turbine Potsdam, der Tabellenzweite der Frauenfußball-Bundesliga, diese Schlitterpartie. Tatsächlich wäre es auch eine Farce gewesen, wenn Turbine auf diesem Boden die entscheidenden Punkte im Kampf um die Deutsche Meisterschaft eingebüßt hätte. So waren es nach der Niederlage, die Wolfsburgerinnen, die sich verschaukelt fühlten. Sie hatten diese Partie sowieso nur unter Protest angetreten, und verweigerten hernach jeglichen Kommentar zum Spielgeschehen. Das Trainerteam boykottierte die Pressekonferenz.
Turbine Trainer Bernd Schröder zeigte sich darüber sehr erbost: "Wir sind eine Freiluftsportart. Wenn wir als technisch versierte Mannschaft auf diesem Boden spielen können, dann kann es der Gegner auch. Ich finde das unsportlich gegenüber der Liga, wenn die jetzt so tun, dass man nur wegen der Platzbedingungen verloren haben. " Wegen der anstehenden WM hätte es eben keine Ausweichtermine gegeben.
Fraglos bestimmte der Zufall das Spielgeschehen kräftig mit. Hin und her flog anfangs der rote Ball und selten kam er dort an, wo er hin sollte. Das trug zur Erheiterung der nur 650 Zuschauer bei, aber nicht zur Entwicklung einer guten Fußballpartie. Die Potsdamerinnen kamen mit den widrigen Bedingungen mit zunehmender Spieldauer allerdings besser zurecht, was vielleicht sogar daran lag, dass das Zusammenspiel zuletzt auf grünem Rasen nicht so recht klappen wollte. "Das Vertrauen zwischen den einzelnen Spielerinnen hat einen Knick erfahren", stellte Schröder schon vor dem Spiel fest. Weit unter ihren Ansprüchen würden sie spielen.
Nur zwei Spielerinnen nahm er von seiner Kollektivschelte aus. Die Abwehrorganisatorin Babett Peter und seine Kreativkraft im Mittelfeld, Fatmire Bajramaj. Und auf letztere, das wurde auch in der Partie gegen Wolfsburg deutlich, hat Turbine wegen seiner abhanden gekommenen Kombinationssicherheit das Spiel noch stärker ausgerichtet, als es zuvor schon der Fall war. Eine berechenbare Strategie, die auch schon längst den Gegnern bekannt ist.
Aber dennoch konnten die Wolfsburgerinnen die stets über rechts und Bajramaj vorgetragenen Offensivaktionen oft nur mit Müh und Not unterbinden. In der 51. Minute gelang dies den Gästen nur auf unfaire Weise. Bajramaj wurde im Strafraum gefoult, doch den fälligen Elfmeter schoss Jennifer Zietz am Tor vorbei. Acht Minuten später führte dann ein wiederum von Bajramaj eingeleiteter Angriff zum Erfolg. Anja Mittag war dabei Nutznießerin von einem Patzer der Wolfsburger Torhüterin Alisa Vetterlein. Als die Japanerin Yuki Nagasato in der 75. Minute kurz nach ihrer Einwechslung zum 2:0 einschob, war die Partie entschieden. Bajramaj (87.) und Bianca Schmidt (89.) vermiesten mit ihren Toren noch weiter die sowieso schon schlechte Laune der Wolfsburgerinnen.
Trainer Schröder lobte hernach seine Spielgestalterin Bajramaj: "Sie hat heute überragend gespielt." Für die Wolfsburgerinnen hingegen hatte er nur Spott übrig: "Wenn man mit so einem Unwillen in die Partie geht, kann man sowieso gleich einpacken." Die Stürmerin Anja Mittag räumte jedoch ein: "Auf so einem Boden kannst du leider kein Fußballspiel aufziehen."
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