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Fussball"Am Ende steht Hertha vorn"

Walter Junghans hütete beim Nachwende-Derby 1990 gegen Union das Hertha-Tor. Vor der heutigen Neuauflage erklärt er die damalige Stimmung und aktuelle Fehler.

Großherziger Fan beim Union-Hertha-Derby am 17.09.2010. Bild: DPA

taz: Herr Junghans, welche Erinnerungen haben Sie an den 27. Januar 1990?

Walter Junghans: Das war das erste Derby nach dem Mauerfall. Hertha spielte zum ersten Mal gegen den 1. FC Union.* Ein außergewöhnliches Erlebnis, im Olympiastadion gegen eine Mannschaft aus dem anderen Teil der Stadt zu spielen. Von der Kulisse her war es sehr emotional, mit über 50.000 Fans, den meisten davon aus dem Ostteil.

Haben Sie vor der Wende die Ostklubs überhaupt stark wahrgenommen?

Walter Junghans

53, war von 1988 bis 1994 Torwart bei Hertha. Mit ihr stieg er von der Oberliga in die Bundesliga auf - und wieder ab. Heute ist er Torwarttrainer beim FC Bayern.

Man hat schon geguckt, was sportlich im anderen Teil der Stadt passiert – die Urberliner aber mehr als ich, der 1988 zugezogen war.

Wie veränderte sich die Stimmung in den Stadien, den Klubs, den Ligen in der unmittelbaren Nachwendezeit?

Die Wiedervereinigung war auch sportlich ein Gewinn. Bei uns in den Klubs merkte man es an den Ost-West-Transfers, Axel Kruse etwa kam aus Rostock zu uns. Die Spieler aus der ehemaligen DDR mussten nicht mehr extreme Strapazen auf sich nehmen, um zu Westvereinen zu kommen. Und sonst merkten wir es natürlich wie alle anderen im Alltag – da war es für uns Westler auch ein befreiendes Gefühl, diesen Inselstatus abzulegen.

Sie sind in der damaligen Oberliga zur Hertha gestoßen. Seit dieser Zeit hat sich der Verein kaum mal für längere Zeit stabilisiert – mit einem kurzen Intermezzo Anfang der Nullerjahre. Woran liegt das?

Man sollte grundsätzlich auf dem Teppich bleiben und eine stetige Philosophie im Klub haben – das ist bei zu vielen Trainerwechseln, die jeweils andere Spielsysteme bevorzugen, nicht so einfach. Erfolg und Misserfolg hängen manchmal von einzelnen Entscheidungen in einem Verein ab – die Entscheidung, in der vergangenen Saison nicht mehr mit Markus Babbel zusammenarbeiten zu wollen, könnte so eine gewesen sein.

Konnte man wegen fehlender Kontinuität nie eine Vereinsphilosophie entwickeln?

Mag sein. Aber sportlich entscheiden manchmal Kleinigkeiten darüber, welche Entwicklung ein Verein nimmt. Selbst hier beim FC Bayern liefen am Ende der Saison die Dinge aufgrund kleinerer Fehler gegen uns – und bei der Hertha liefen sie in der Rückrunde bis hin zur Relegation gegen die Mannschaft.

Jos Luhukay hat vergangenes Jahr den sportlichen Erfolg in Augsburg nach ebenfalls mäßigem Start über ein funktionierendes Kollektiv erreicht. Kann er die Hertha langfristig retten?

In Mönchengladbach, wo ich mit ihm und Jupp Heynckes zusammengearbeitet habe, und auch in Augsburg hat er sehr gute Arbeit geleistet. Aber Berlin ist ein anderer Standort. Die Erwartungshaltung der Leute ist, dass die Hauptstadt einen Erstligaklub hat – das muss auch eigentlich so sein. Dazu kommt, dass diese Zweitliga-Saison alles andere als ein Selbstläufer für die Bundesligaabsteiger wird. Aber Luhukay ist einer, dem ich es zutraue, das zu meistern.

Der bei den Fans sehr beliebte Torwart Thomas Kraft wird gegen Union sein erstes Saisonspiel machen. Sie haben ihn in München trainiert. Wie wichtig ist es, dass er geblieben ist?

Der ist für mich immer noch ein junger, aufstrebender Torwart, der sich super entwickelt hat. Bei Bayern hat er es damals nicht ganz geschafft, aber das ist derzeit auch ein anderer Maßstab. Für Hertha ist es wichtig, so einen hinten drin zu haben – ihn könnte ich mir über Jahre als stabilen Rückhalt der Hertha vorstellen.

In Berlin geht die Rede, dass Union Hertha in dieser Saison gefährlich nahe kommen könnte. Sehen Sie das genauso?

Das ist doch klar, dass man sich da gegenseitig hochschaukelt, wenn zwei Vereine aus derselben Stadt in derselben Liga spielen. Union wird natürlich alles daransetzen, vor der Hertha zu landen, das war bei uns damals mit TeBe oder BW 90 Berlin genauso. Ich glaube dennoch, Hertha wird am Saisonende vor Union stehen. Sie haben das bessere Team.

Worauf wird es im Derby in der Alten Försterei am meisten ankommen?

Das wird sicher ’ne heiße Atmosphäre dort. Hertha wird kühlen Kopf bewahren und versuchen müssen, die potenziell höhere Qualität im Kader auszunutzen.

Wer könnten dann die entscheidenden Akteure sein?

Es wird für beide Teams nur über die mannschaftliche Geschlossenheit gehen. In den entscheidenden Momenten könnte es für Hertha von Vorteil sein, dass sie mit Allagui, Lasogga und Wagner über den besseren, erstligatauglichen Sturm verfügen.

Und wie geht es aus?

Ich denke und hoffe, dass Hertha 2:1 gewinnt.

* Vorher hatte es nur Duelle gegen die Vorgänger- und Splittervereine SC Union 06 und Union Oberschöneweide gegeben

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2 Kommentare

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  • S
    stp

    Bin ich froh, wenn dieser leider auch durch die taz mitgemachte Derby-Hype vorbei ist. Diese beiden Vereine braucht wirklich kein Mensch. Berlin hätte Besseres verdient, aber die sympathischen Clubs spielen allesamt einige Etagen tiefer.

  • GS
    George Santino

    Danke für das Interview.

     

    Walter Junghans ist Kult! Hoffe daß er eines Tages als Torwarttrainer doch noch nach Berlin zurückkommt.

     

    Er war bei den Fans Publikumsliebling ( Huhu-Walter, Transpartente/Gesänge ) und sowohl als Spieler,

    als auch als Trainer ( Enke, Kraft, etc. ) grandios!

     

    Er kam aber schon 1987 zu Hertha und sein erstes Spiel fand im Oktober 1987 im Poststadion gegen Türkyemsspor vor 12.000 Zuschauern statt! In der Oberliga Berlin, welche Hertha mit dem Zweitligaaufstieg abschließen sollte.

    Schalke hatte ihn zuvor gegen Schumacher aussortiert und stieg als Schießbude der Liga als Tabellenletzter prompt in die 2.Liga ab!

     

    So kam es, daß Junghans schon ein Jahr später wieder mit Hertha auf Schalke treffen sollte.

     

    G.Santino