Fußball-Pokalspiel in Istanbul: Das neue Gespür für Qualität

Galatasaray und Fenerbahce haben sich als Teams erfolgreich erneuert. Jetzt treffen sie im großen Istanbuler Derby aufeinander.

Galatasarays Semih Kaya und Emmanuel Eboue in surrealer Freude während des Champions League Spiels gegen Braga. Bild: dpa

Unterschiedlicher könnte die Stimmungslage vor dem großen Duell in Istanbul nicht sein. Im Achtelfinale des türkischen Pokals hatten die beiden Serienmeister Galatasaray und Fenerbahce einen grundverschiedenen Eindruck hinterlassen.

Souverän gewann „Fener“ am Mittwoch das Heimspiel gegen den Zweitligisten Göztepe Izmir 4:0, der amtierende Meister dagegen blamierte sich bereits Dienstag im Heimspiel gegen das zweitklassige 1461 Trabzon, wie es blamabler nicht ging, und schied sensationell mit 1:2 aus. Galatasaray-Trainer Fatih Terim war restlos enttäuscht von seinem Team.

„Es wird Konsequenzen geben, spätestens zur Winterpause“, sagte die türkische Trainerlegende. Und Terim, nicht umsonst als „Imperator“ bekannt, redete sich auf der Pressekonferenz weiter in Rage: „So können wir nicht auftreten. 70 bis 75 Minuten lang war das ja überhaupt nichts von uns, das habe ich so noch nie erlebt.“

Mehr als Sport

Beim Aufeinandertreffen der beiden Klubs am Sonntag soll sich das unbedingt ändern – das erste Derby der Saison steht an, Fener, der Tabellenzweite, tritt beim großen Rivalen und Spitzenreiter an. „Diese Spiele sind für uns immer wieder von höchster Bedeutung“, mahnt Galatasaray-Vizepräsident Ali Dürüst. „Die Reichweite unserer Begegnungen geht weit über das Sportliche hinaus.“ Der ewige Konkurrenzkampf zwischen den beiden 18-maligen Meistern prägt in jedem Falle die Fußballkultur in der Metropole am Bosporus. Ähnliche Stadtrivalitäten, in denen sich beide Klubs auf Augenhöhe begegnen, finden sich kaum in Europa.

Dabei haben beide Klubs im Sommer kleinere und größere Umbrüche vollzogen: Die „Löwen“ trennten sich unter anderem vom langjährigen Nationalverteidiger Servet, Klub-Urgestein Ayhan beendete zudem seine Laufbahn. Dafür kamen Torschützenkönig Burak Yilmaz aus Trabzon und der Brasilianer Cris aus Lyon – nach Jahren mit vielen großen und noch größeren Transferflops hat das Management des Klubs ein Gespür für Qualität entwickelt. Erst zum dritten Mal in der eigenen Historie wurde das Achtelfinale der Champions League erreicht.

„Wir haben endlich gezeigt, dass Galatasaray auch in Europa ein gehöriges Wörtchen mitspricht“, erklärt Terim. Fans und Verantwortliche sehnen sich nach Bedeutung im Weltfußball, der Uefa-Cup-Sieg 2000 beförderte nicht, wie erhofft, die Entwicklung in diese Richtung.

Unerwartet souverän

Auch die „Kanarienvögel“ von Fenerbahce wagten einen kleinen Umbruch, ließen unter anderem Nationalspieler Emre zu Atletico Madrid ziehen. Schwerer noch wog die Trennung von Vereinsikone Alex, der seit 2004 im Mittelfeld die Fäden zog. Trainer Aykut Kocaman wollte den 35-jährigen Brasilianer nicht mehr. Im Gegenzug verpflichtete der Klub unter anderem den Portugiesen Raul Meireles aus Chelsea und den Niederländer Dirk Kuyt vom FC Liverpool. In der Europa League steht Fener unerwartet souverän in der Zwischenrunde.

Auch mit der Vergangenheit soll gebrochen werden: Präsident Aziz Yildirim hat sich nach seiner Verstrickung im Manipulationsskandal weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Nach dem Europa-League-Spiel bei Borussia Mönchengladbach aber fühlte sich der 60-Jährige zu einer ungewöhnlichen schriftlichen Stellungnahme genötigt: „Ich habe gelesen, dass ich nach der Partie in Mönchengladbach angekündigt hätte, in Zukunft nicht mehr in die Umkleidekabine zu kommen, um mit der Mannschaft zu feiern. Das stimmt so nicht. Ich als Vereinspräsident nehme mir heraus, mich überall im Umfeld des Teams aufhalten zu können, und das wird auch so bleiben.“ Yildirim, der noch auf das endgültige Urteil zur gegen ihn verhängten Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten wartet, wurde erst kürzlich in seinem Amt bestätigt.

Sein Verein beantragte indes für Sonntag die Aufhebung des Stadionverbots für Gästefans, das nach anhaltenden Ausschreitungen seit letzter Saison besteht. Vereinspräsidenten betrifft das übrigens nicht.

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