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Fußball-Länderspiel gegen KasachstanHäme von den Rängen

Nach dem 4:1-Erfolg gegen Kasachstan wird Torhüter Manuel Neuer wegen seines Patzers zur Zielscheibe der Kritik. Joachim Löw ist verärgert.

Neuer ist ein Patzer unterlaufen. Ja und? Bild: dpa

NÜRNBERG taz | Theorie und Praxis sind dummerweise auch im Fußball zwei Paar Schuhe. Oder besser Training und Wettkampf. Denn wer die Übungseinheiten der deutschen Nationalmannschaft während des Qualifikations-Doppelpacks gegen Kasachstan beobachtete, staunte immer wieder, mit welch großem Geschick auch der Nationaltorwart Manuel Neuer den Ball zu behandeln weiß.

Ob auf dem Kunstrasen auf dem Eintracht-Gelände am Riederwald in Frankfurt oder dem Naturrasen auf dem Adidas-Areal in Herzogenaurach: Stets befahl Bundestorwarttrainer Andreas Köpke seinen Torleuten Neuer, René Adler und Ron Robert Zieler sich doch bitte schön hart und direkt die Bälle zuzuschießen und sie unvermittelt weiterzuleiten.

Während der Hamburger und vor allem der Hannoveraner Torhüter dabei stets allerlei Stockfehler einstreuten, erledigte Münchens Tormann diesen Part absolut fehlerfrei. Vielleicht hat ihn das zu jener trügerischen Sicherheit verleitet, die nun in einen hanebüchenen Aussetzer mündete, der nach der eigentlich souverän erledigten Pflichtaufgabe eine Grundsatzdebatte eröffnete.

Was Bundestrainer Joachim Löw („Manuel hat den zweiten Mann nicht gesehen. Er soll keinesfalls seinen Stil umstellen“) mehr ärgerte als der Lapsus, war die Mixtur aus Ironie und Häme, die auf Neuer anschließend von den Rängen einprasselte. „Das finde ich nicht in Ordnung. Das muss man nicht“, kritisierte Löw ungewohnt scharfzüngig. „Manuel ist ein überragender Torwart.“ Und überdies sei Neuer ja angehalten, die Bälle bloß nicht blind nach vorne zu bolzen wie beispielsweise überhäufig beim 4:4-Drama gegen Schweden.

„Häme ist fehl am Platze“

Warum also der Unmut? Vielleicht weil – dreifach dumm – ausgerechnet der Fürther Heinrich Schmidtgal im Nürnberger Stadion von einem Bayern-Profi beschenkt wurde? „Ich habe es mitbekommen, aber was soll ich dazu sagen?“, brummte Neuer und fügte hinzu: „Ich werde jetzt nicht Kopfkino fahren.“ Zuvor hatte sich der Mann im orangefarbenden Outfit trotz des 4:1-Erfolgs bei den „Fans entschuldigt“, er habe die Situation eben „spielerisch lösen“ wollen.

Mit dem Fauxpas zog der letzte Mann auch seine fußballerisch bis dahin überzeugenden Vorderleute runter, „das war die Initialzündung für die schwächere zweite Halbzeit“, räumte Neuer demütig ein. Der bayerische Klubkollege Philipp Lahm gab ihm Rückendeckung: „Häme ist fehl am Platze. Ich finde, man darf uns auch applaudieren.“

Aber hatte das die frierende Kundschaft im Frankenland nicht auch getan? Vor allem ein ehemaliger Nürnberger hatte wiederholt Szenenapplaus erhalten: Ilkay Gündogan gehörte nicht nur wegen seiner Torpremiere zu den auffälligsten Erscheinungen. Auch dank ihm traten die Vereinskameraden Marco Reus und Mario Götze nicht nur als Torschützen in Erscheinung. Der deutschtürkische Irrwisch versteht es nämlich, die Bälle direkter und vertikaler als etwa Bastian Schweinsteiger in die Schnittstellen zu bringen.

Als „kleinen Großen“ tituliert sich der 20-jährige Gündogan im Kreise der DFB-Auswahl – auch wenn die Verbandspressestelle diese Eigenbeschreibung aus Interviews wieder eliminiert. Also formulierte Gündogan jetzt lieber artige Allgemeinplätze. „Es freut mich, dass der Bundestrainer in mir viel Potenzial sieht, aber deshalb werde ich mich keineswegs zurücklehnen, sondern noch mehr tun.“ Ansprüche anmelden? Nicht doch. Fakt ist, dass der schnelle Umschalter Gündogan und der verkappte Stürmer Götze genau jene Optionen sind, die der Nationalelf beispielsweise bei der EM noch gefehlt haben.

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4 Kommentare

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  • I
    Ingo

    netter Artikel - nur ist der gute Ilkay glatt zwei Jahre älter - hat bei Hessler 06 mit Sohn no. 1 noch in einer Mannschaft gekickt

  • J
    JoHnny

    "neuer"

     

    werter frank hellmann,

     

    für das chronische unterste-schublade-verhalten

    des nürnberger publikums gibt es folgendes,

    typisches deutschwort: s c h a d e n f r e u d e . . .

    dieses wort kennt keine andere sprache - einfach

    unübersetzbar!!

     

    mit sportlichen grüßen

  • R
    riducule

    Im Ruhrpott sind insoweit die wichtigen Fragen der Nation längst geklärt:

     

    Der Mann - von Nebenann:

     

    "… ja wennste dir auch'n Torwart von Schalke holst!…"

     

    als der BVB bei voller Hütte mal wieder

    den Haartollenschlenkerer und die

    Restbayern ablederte.

  • GE
    Gatte einer Spielerfrau

    Klar können einem derartig offensiv ausgerichteten Torwart wie Neuer solche Patzer passieren. Klar gibt es dann eine ironische Reaktion des Publikums. Längst wissen alle, dass einem Neuer das nichts weiter macht und es seine Spielweise nicht beeinflusst.

     

    Alarmierend für Fussballinteressierte, die immer noch hoffen, mit der Nationalmannschaft unter Löw werde sich doch einmal das Attribut "goldene Generation" verbinden lassen, jedoch die Reaktionen des wieder mit Co Hansi Flick im leicht peinlichen Partnerlook auflaufenden Trainers.

     

    Offenbar sind dem die Stadiongänger mittlerweile zu proletarisch. Möglich, dass man den Erwerb einer der deutlich überteuerten Länderspielkarten demnächst an den erbrachten Nachweis des Besitzes eines Mercedes knüpft, um die ignorant die Fokussierung störende Unterschicht entgültig abhaken zu können.

     

    Sorgen kann man sich machen und das nicht lustig finden, weil es an sich die Integrität der Person Neuer angreift, wenn Löw sich mit beinahe schizoider Vehemenz ungefragt vor seinen Goalie wirft. Damit konstatiert er erst, dieser brauche seinen Schutz.

     

    In gespannter Lustigkeit teilt er dem Beckmann und dem unvermeidlichen Scholli vom ÖRF auch noch dazu mit, er habe noch nicht mit den Spielern geredet, alson auch nicht mit Neuer, sondern wär erstmal einen Capuchino trinken gewesen.

     

    Sofern hier nicht ein neuer Werbepartner der Grund für das erwähnenswerte Käffchen ist, macht Löw in fataler Weise deutlich, dass er es wohl gar nicht mehr nötig hat, seine fernsehaffinen Statements mit den Aktiven abzugleichen.

     

    Die alte Story von Marvin, seiner Mutter und den beiden Oberhemden, die Watzlawick einst erfunden hat, um das verhängnisvoll die Persönlichkeit entkernende Wirken des "Double-Bind" zu verdeutlichen, scheint hier eine öffentliche Fortsetzung im Bereich des Hochleistungsfussballs zu finden.