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Fußball-BundesligaHeiko ärgern

Erneut muss sisch der HSV fragen, was er falsch gemacht hat, nachdem er beim 3:5 in Leverkusen von seinem Ex-Spieler Son abgeschossen wurde.

Wollte nach dem Schaden auch für den Spott selbst sorgen: Der Ex-Hamburger Heung-Min Son. Bild: dpa

HAMBURG taz | Bisher ist Heung-Min Son nicht als boshafter Zeitgenosse aufgefallen, der koreanische Stürmer lächelt viel und ist immer höflich. Nach dem 5:3 von Bayer Leverkusen gegen den Hamburger SV hat er aber einen geradezu sadistischen Plan ausgeheckt. „Ich gehe jetzt gleich rüber in die Kabine, Heiko ärgern“, kündigte er an.

Gemeint war Heiko Westermann, mit dem Son in den vergangenen Jahren in Hamburg zusammengespielt hatte. Zum Glück hat er sein Vorhaben dann doch nicht realisiert. Denn dem armen Aushilfs-Rechtsverteidiger war nicht nach Scherzen zumute. „Das war das schlechteste Spiel, das ich in meiner Karriere gemacht habe“, sagte Westermann, den Son in eine Art Dauerschwindel gespielt hatte.

Die ersten drei Leverkusener Treffer hatte der 21-Jährige als direkter Gegenspieler Westermanns zu dem spektakulären Spiel beigetragen, und das waren nicht irgendwelche ins Tor gestocherten Bälle, sondern hervorragende Schüsse, die die Durchsetzungskraft, die Nervenstärke und die Konsequenz eines Weltklassestürmers ausstrahlten. Zweimal ließ er Westermann aussehen wie einen steifen Rentner. Und nach einer missglückten Flanke des überforderten Hamburgers flogen Bierbecher und Feuerzeuge aus dem Gästeblock in Richtung des Nationalspielers.

Nach seinen drei Toren hatte der Koreaner auch noch Stefan Kießlings 4:2 aufgelegt. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte er, und behauptete, er sei auch „etwas traurig“, dass dieser Durchbruch ausgerechnet gegen seine ehemaligen Mitspieler gelungen war. In den Wochen zuvor hatten die Rheinländer nur wenig Freude an Son gehabt. Zehn Millionen Euro hatten sie nach Hamburg überwiesen, aber im ersten Saisondrittel agierte das Talent verkrampft, unruhig und übereifrig. Seit dem ersten Spieltag hatte er nicht mehr getroffen. Diese sensationelle Show gegen den ehemaligen Klub soll nun zum Wendepunkt werden.

Bekannte Hamburger Schwächen

Ob dieses Spiel wirklich dazu taugt, ist allerdings ziemlich unklar. Möglicherweise wusste Son einfach aus Hamburger Zeiten, wie leicht es ihm fällt, Westermann auszuspielen. Und auf einen Gegner, der derart viele Geschenke zu verteilen hat, wird Bayer 04 wahrscheinlich auch nicht mehr treffen.

Nicht nur Pierre-Michel Lasogga, dem das zweite und das dritte Hamburger Tor gelungen war, hatte Mühe, die Geschehnisse zu begreifen. „Ich bin noch ein bisschen durch den Wind nach diesen 90 Minuten“, sagte der Stürmer, der einst in Leverkusens U 19 spielte und nun in acht Spielen für den HSV acht Tore erzielt hat.

Seine Hamburger seien „nicht die unterlegene Mannschaft“ gewesen, fand Lasogga, und Bert van Marwijk sah das ganz ähnlich: Nachdem der HSV das frühe 0:2 in ein 2:2 verwandelt hatte, sei er „sicher gewesen, dass wir hier nicht verlieren würden“, meinte der Trainer, sein Team sei schließlich „lange Zeit fußballerisch gleichwertig“ gewesen. Und als Lasogga eine Viertelstunde vor dem Ende auf 4:3 verkürzt hatte, schien wieder alles möglich.

Der HSV-Kindergarten

Aber der HSV trug einfach die fataleren Missgeschicke zu diesem Festival folgenschwerer Fehler bei, für das HSV-Kapitän Rafael van der Vaart den Begriff „Kindergartenfußball“ hervorholte. Natürlich meinte der Holländer damit vor allen Dingen den Auftritt seines eigenen Teams, aber in vielen Szenen agierten die Leverkusener ähnlich naiv und sorglos.

Nach der Partie wirkten beide Trainer ziemlich mitgenommen. „Es war ein unglaubliches Spiel mit unglaublich vielen Fehlern, wie ich finde auf beiden Seiten“, meinte van Marwijk, der während der Partie immer wieder entsetzt die Hände vors Gesicht geschlagen hatte. Und Hyypiä hatte ebenfalls gelitten: „Auch für mich war das kein schönes Spiel“, sagte er. Am allerschlimmsten war dieses Spiel aber für Westermann, auch ohne den Spott von Son.

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