piwik no script img

Fukushima-Bericht der UN-AtomagenturNager gegen Atom

Der Bericht der UN-Atomagentur IAEO zur Lage an den Schrottreaktoren von Fukushima ergibt offiziell „große Fortschritte“. Zwischen den Zeilen hagelt's Kritik.

Wieder schalten Ratten Fukushima ab. Bild: reuters

BERLIN taz | Peinlicher hätte der Zeitpunkt für den japanischen Atomkonzern Tepco kaum sein können: Kurz bevor die internationale Atomenergiebehörde IAEO der Regierung am Montagnachmittag Ortszeit einen Bericht über die Zustände im havarierten Atomkraftwerk Fukushima Daiichi übergab, legten zwei tote Ratten die Stromversorgung in einem Teil der Anlage lahm.

Bei einer Inspektion waren die Tiere entdeckt worden, die sich in einem Umspannkasten am Brennelementebecken von Block II verirrt hatten und verendet waren. Weil bereits Mitte März eine Ratte einen Kurzschluss verursachte hatte, als sie ein Kabel annagte, schaltete Tepco nach eigenen Informationen die Stromversorgung kurzfristig ab.

Die Rattenplage an den Unglücksreaktoren ist nur ein Beispiel für die Zustände in der Anlage, die auch die 13 IAEO-Experten kritisieren. Diese fordern größere Anstrengungen bei der Bekämpfung der GAU-Folgen.

Offiziell ist für die atomfreundliche UN-Behörde alles in bester Ordnung: Nach einer einwöchigen Inspektion der Unfallstelle und vielen Gesprächen mit Experten und Regierungsstellen lobte die Delegation die Fortschritte bei den Aufräumarbeiten: „Außergewöhnlich engagierte Mitarbeiter“ hätten „signifikante Erfolge erzielt“, der Abbau der Trümmer liege im Zeitplan und es gebe einen „logischen und rationalen Plan“ für die Bergung der geschmolzenen Reaktorkerne und Anlagen zur Säuberung radioaktiven Wassers.

Der Bericht wurde als Entwurf übergeben, für die Öffentlichkeit gab es nur eine dürre Pressemitteilung. Offiziell beendet werden soll die Untersuchung in einem Monat, sagte IAEO-Sprecher Greg Webb der taz.

Tepco in der Pflicht

Zwischen den Zeilen äußert die IAEO aber deutliche Kritik. So heißt es, die „momentanen Praktiken“ könnten verbessert werden, wenn man versuche, „einen Endzustand für das Gelände des Kraftwerks zu definieren“. Das betrifft die ungeklärte Frage zur Zukunft: Soll in Fukushima grüne Wiese oder ein atomares Endlager entstehen?

Die Experten raten außerdem, die „Berichts- und Kommunikationspraktiken“ zu untersuchen – ein deutlicher Hinweis darauf, dass Fachpublikum und Öffentlichkeit oft vergeblich nach genauen Informationen suchen. Außerdem solle Tepco „weiterhin Anstrengungen unternehmen“, die Verlässlichkeit des Systems zu gewährleisten, die Bausubstanz zu stabilisieren und den Schutz gegen „Gefahren von außen“ – etwa durch neue Beben – zu verbessern.

Schließlich solle das Management „bei radioaktiven Emissionen“ vor allem durch das gespeicherte kontaminierte Wasser verbessert werden. Damit zeigt die IAEO eines der größten Probleme auf, das derzeit an den Reaktoren herrscht: Die Tanks mit radioaktivem Kühlwasser sind voll und lecken ins Erdreich und ins Grundwasser.

„Man lässt Tepco vor sich hin wursteln, obwohl allen klar ist, dass es für sie eigentlich unmöglich ist, das Problem selbst in den Griff zu kriegen“, kritisiert der unabhängige Atomexperte Mycle Schneider auf Anfrage der taz. Er fordert eine „International Task Force Fukushima“, in der etwa ein Dutzend internationale Experten permanent die Japaner bei der Stabilisierung der Anlage, dem Schutz vor Strahlung und der Sicherheit der Lebensmittel beraten sollten. Diese müsse für zwei Jahre bestellt werden und zu verschiedenen Fragen jeweils Experten hinzuziehen, um kurz-, mittel- und langfristige Empfehlungen zu erstellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • C
    Cabrón

    Das ist keine Rattenplage, das ist Biodiversität!

  • B
    bismarckhering

    "Peinlicher" für Tepco?

     

    Hallo taz, was ist aus euren Wurzeln geworden,

    sind die verdorrt?

     

    > Diese fordern größere Anstrengungen

    > bei der Bekämpfung der GAU-Folgen.

     

    "GAU-Folgen"

    -Super-GAU = auslegungsüberschreitender Störfall

    -Folgen gibt es NACH einem Ereignis, DANACH!

     

    Warum übernimmt die taz die offizielle Vertuschungspropaganda?

     

    DAS ist peinlich!

     

    > Schließlich solle das Management

    > „bei radioaktiven Emissionen“ vor allem

    > durch das gespeicherte kontaminierte

    > Wasser verbessert werden.

     

    "Leider ist das erwartete Erdbeben, welches bedauerlicherweise die Tanks beschädigen würde, immer noch nicht passiert. Und wir haben keinen Plan B!"

     

    Und so geht es weiter: unkritisches Blabla

    ohne einen Hauch von Fachwissen. Und ein Großteil eurer Gründer kam aus der Anti-AKW-Bewegung.

    Sind die alle fort, oder mundtot gemacht?

     

    "Willkommen auf der dunklen Seite der Macht, Jedi!"

     

    b.