: Für immer Punk
MUSIK Ist es möglich, in Würde zu altern und trotzdem in einer Punk-Band zu spielen – oder gehört das nicht sogar viel eher unbedingt zusammen? Zwei Fallbeispiele
Der Juli in Bremen hat ein Herz für reife Punks. Nach „World/Inferno Friendship Society“ und „No Means No“, die sich kommende Woche die Klinke in die Hand geben, spielt Ende des Monats auch noch die Hardcore-Punk-Legende „D.O.A.“ – die sind noch älter als „No Means No“!
■ World/Inferno Friendship Society, Montag, 20 Uhr, Zucker
■ No Means No, Dienstag, 20 Uhr, Schlachthof
■ D.O.A., 30.7., 20 Uhr, Zucker
VON []ANDREAS SCHNELL
Als die „Goldenen Zitronen“ vor Jahr und Tag „Alphavilles“ Bob-Dylan-Paraphrase „Für immer Punk“ veröffentlichten, war das „Für immer Punk ist das Blödsinnigste, was es gibt“, sagte die Band später selbst in einem Interview. Denn: „Sobald gefärbte Haare in der Werbung auftauchen, ist das keine Waffe mehr.“
„World/Inferno Friendship Society“ und „No Means No“ spielen auf je ihre Weise – und ganz anders als die „Zitronen“ – mit diesem Widerspruch.
Jack Terricloth (bürgerlich: Peter Ventantonio), der der New Yorker „World/Inferno Friendship Society“ (im folgenden: „WIFS“) als Sänger vorsteht, war früher unter anderem Sänger und Gitarrist der Punk-Band „Sticks & Stones“. Mit seinen etwas mehr als 39 Jahren zwar noch nicht wirklich ein älterer Herr, entschied sich dennoch für einen Weg, der den rebellischen Geist des Punk mit anderen musikalischen Mitteln weiterführt: Seine Band vermengt Einflüsse aus Klezmer, Gospel, Soul, Ska und Rock und pflegt dabei ein inniges Verhältnis zum Theatralischen. Der Gestus ist dabei der eines Tanzes am Abgrund. Seit Punk einst erstmals seine Verweigerung herausschrie, mag zwar die alte Waffe stumpf geworden sein, aber schließlich haben sich die Zustände auf dieser Welt auch nicht unbedingt zu ihrem Vorteil verändert. Und so beschwört „WIFS“ den anarchistischen Aufstand im Alltag und den Spaß, der gelegentlich dabei abzuzweigen ist.
„No Means No“ aus Vancouver (Kanada) sind eine ganze Ecke älter. 1979 von den Brüdern John (47) und Rob Wright (55) zunächst als Duo gegründet, reichte der musikalische Horizont der Band schon von Anfang an über Punk hinaus. Vor allem Rob Wright hatte sich bereits ausgiebig in Jazz und Progressive Rock umgehört, was man „No Means No“ noch heute anhört. Punk bedeutete den Wrights nicht nur eine bis dahin unerhörte Energie, sondern auch eine Strategie der Selbstermächtigung, die sich im eigenen Label ebenso niederschlug wie im Bierbrauen daheim. Bei aller stilistischen Offenheit ist ihrer Musik der innovative Gehalt zwar ein wenig abhanden gekommen. Allerdings zeigen sie vor allem auf der Bühne immer noch verblüffenden Spielwitz und erstaunliche Energie.