piwik no script img

Für eine freies Tempelhofer FeldVolksbegehren kommt

Das Volksbegehren für ein unbebautes Tempelhofer Feld geht an den Start und will in Rekordzeit Unterschriften sammeln.

So viel Platz zum Flanieren: Wird das so bleiben? Bild: dapd

Berlin bekommt noch ein Volksbegehren mehr: Am Montag gab der Senat der Initiative für ein unbebautes Tempelhofer Feld grünes Licht. Damit kann der Verein ab sofort Unterschriften sammeln. Vorige Woche hatte bereits der Energietisch angekündigt, ab Februar einen Anlauf zu einem Volksentscheid zu starten.

Hermann Barges, Sprecher der Initiative „100 % Tempelhofer Feld“, bestätigte, am Montag die noch benötigte Schätzung des Senats, wie viel die Umsetzung des Volksbegehrens kosten würde, erhalten zu haben. Damit ist das Begehren startklar. Bereits am Mittwoch soll nun mit dem Sammeln der Unterschriften begonnen werden.

Das Ziel der Initiative ist ambitioniert. Um einen möglichen Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl im September 2013 abhalten zu können, soll bereits bis Ende Januar mit 20.000 Unterschriften die erste Stufe gemeistert werden. Normalerweise ist dafür ein halbes Jahr Zeit. Wird das Begehren zugelassen, braucht es 170.000 Unterschriften in vier Monaten. Ebenso lange darf das Abgeordnetenhaus danach das Begehren prüfen. Wird das Anliegen abgelehnt, kommt es zum Volksentscheid.

Die Planung stockt

Das Feld bleibt frei, vorerst: Die Landesbibliothek soll frühestens 2017 kommen. Die Internationale Gartenschau im gleichen Jahr ist nach Marzahn verlegt. Auch die Internationale Bauausstellung 2020 soll nun "dezentral" stattfinden, das Feld ist laut Senat nur noch "ein potenzieller Standort". Die Wohnbebauung - zuerst am Tempelhofer Damm geplant, später am Südring und Schillerkiez - ist noch gänzlich ohne Terminierung.

Auch die Parkgestaltung mit Kletterberg und See ist zurückgestellt. Geplant sind für 2013 nur neue Wege, Bänke und Bäume. Fünf Millionen sind dafür vorgesehen. (ko)

Die Initiative will das Tempelhofer Feld „in seiner Gesamtheit erhalten“, wie es in ihrem Gesetzentwurf heißt. Jegliche „Gebäude, Abgrabungen oder Aufschüttungen“ seien untersagt. Nur am Rand wären Sportplätze, Bänke, Sanitäranlagen und Gemeinschaftsprojekte wie die jetzigen Allmende-Gärten erlaubt.

Behutsam entwickeln

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) will das Feld dagegen „behutsam entwickeln“ und den Rand mit Wohnungen, Gewerbe und der neuen Landesbibliothek bebauen. 250 der rund 380 Hektar blieben aber als Park erhalten, betont dessen Sprecherin Daniela Augenstein. „Der Bevölkerungszuwachs und die steigenden Mieten zeigen deutlich, dass wir bezahlbaren, innerstädtischen Wohnraum brauchen.“ Das Feld sei dafür eine „großartige, wertvolle Fläche“.

Erfolge diese Bebauung nicht auf dem Tempelhofer Feld, sondern dezentral, koste dies dem Land langfristig 298 Millionen Euro, rechnet der Senat in seiner Kostenschätzung vor. Die Initiative spricht dagegen von bis zu 350 Millionen Euro, die eine Bebauung kosten würde. Für die derzeitige Pflege der Wiese seien dagegen nur 1,8 Millionen Euro nötig.

Allerdings wird der Senat mit seinen Plänen für das Feld bereits konkret. Für die Landesbibliothek, die für 270 Millionen Euro am Südwestrand des Feldes entstehen soll, läuft bereits ein Ideenwettbewerb. Entwürfe können noch bis 21. Februar eingereicht werden. Für die Planung der Bibliothek wurden dieses Jahr eine Million Euro in den Landeshaushalt eingestellt, für 2013 zwei Millionen Euro. Die Initiative nennt das einen „Affront“: Der Senat probiere eine „Bebauung durch die Hintertür“, ohne das Volksbegehren abzuwarten.

Auch Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek wirft dem Senat vor, Fakten zu schaffen. Der Senat solle statt eines Neubaus der Bibliothek lieber Alternativstandorte wie das frühere Tempelhofer Flughafengebäude oder die Amerika-Gedenkbibliothek prüfen. „Berlin braucht kein weiteres rot-schwarzes Millionengrab“, so Kapek. Über das Volksbegehren ist die Opposition uneins: Teile von Grünen, Linken und Piraten unterstützen die Initiative. Andere wollen eine Bebauung nicht ausschließen, diese aber mittels Bürgerbeteiligung bestimmen.

Senatssprecherin Augenstein sagte, der Senat „schafft keine Fakten, sondern plant“. Der Spatenstich für die Bibliothek sei nicht vor 2016 zu erwarten. "Jetzt nicht mehr über die Zukunft des Feldes nachzudenken, wäre fahrlässig."

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • O
    ole

    "Die Wohnungsnot löst man durch Deckelung der Mieten..."

     

    Ohhjeee...

     

    Berlin sollte das Tempelhofer Feld mit Schulen und Universitäten bebauen und Zwangseinweisungen durchführen lassen.

     

    Dringlichkeitsstufe 1

  • A
    Ansgar

    @Scheinlösung:

     

    "Die Wohnungsnot löst man nicht mit Wohnungsbau ... Die Wohnungsnot löst man z.B. mit gesetzlicher Deckelung der Mieterhöhungen."

     

    Nach diesem beeinruckenden Kommentar bekräftige ich hiermit meine gestrige Hauptaussage bzw. erweitere sie auf Gesamtdeutschland.

     

    @cyctologie,

     

    naja, über Geschmack lässt sich nicht streiten (zumal nicht mit Berlinern). Nebenbei: Die Forderung nach Aufforstung der Brache hätte ich weit eher noch verstanden (meinetwegen auch mit Hanfpflanzen)

  • S
    Scheinlösung

    Die Wohnungsnot löst man nicht mit Wohnungsbau. Schon gar nicht mit dem Bau von Sozialghettos. Die Wohnungsnot löst man z.B. mit gesetzlicher Deckelung der Mieterhöhungen.

  • G
    Glückstreffer

    Die "Brache" ist ein einmaliges Projekt, wenn man sie weitestgehend so beläßt, wie sie ist. Es wäre zu wünschen, daß die politischen Entscheider merkten, daß ihnen hier etwas in den Schoß gefallen ist, für das sie beinahe nichts tun müssen, außer die Füße still zu halten und es wachsen zu lassen um damit eine weitere Attraktion in den Reiseführern zu kassieren.

  • S
    super

    Was macht der/die LinkeInnen wenn eine Meinung nicht passt?

    Richtig, verbieten!

     

    Oder cyctologie?

     

    PS: Ein stillgelegter Flughafen ist ein Brache.

     

    PPS: Wer über steigende Mieten und fehlende Wohnungen schimpft kann eigentlich nicht gegen Wohnungsbau sein.

  • LB
    Lisa B.

    Jetzt wird noch von "sozialem" Wohnraum gesprochen, wenn es dann so weit ist, stehen da wahrscheinlich futuristische, nicht zu Neukölln und Tempelhof passende Bauten mit Lofts und der entsprechenden Infrastruktur für deren gut betuchte Bewohner. So würde Berlin nämlich Kohle machen! Sollen sie doch das alte Flughafengebäude ausbauen und ein paar Duzent Hipsterwohnungen einrichten, aber der Park muss bleiben!

  • K
    kotsch

    @ ansgar

     

    Sie sind ein für die heutige Zeit typisch kurzfristig denkender Mensch.

     

    Das Tempelhofer Feld ist keine Brache, sondern ein kostenfreies (wichtig) Erholungsgebiet für die Berliner und deren Besucher. Die Weite ist Balsam für die Seele. Menschen jeder Herkunft treffen hier aufeinander und lernen sich kennen. Und so etwas benötigt man in einer immer hektisch werdenden Stadt.

     

    Bauen Sie das Feld zu und verkaufen Sie hochpreisige Immobilien (alles andere wäre gelogen), machen Sie kurzfristig Gewinn. Die entstehenden Wohnungen würden nicht den Bedarf der kommenden Jahre ansatzweise decken. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass viele in die zahlreich vorhandenen freien Wohnungen in Marzahn, Spandau, etc. ziehen werden müssen. Die Politik muss regeln, dass sich dort auch Zuziehende hinbewegen. Kann ja nicht sein, dass in der Mitte Berlins nur aufgrund von Reichtumn alle Berliner weg müssen.

     

    Lassen Sie das Feld unbebaut, stärken Sie die Lebensqualität der Berliner. Was hat die Mehrzahl der Berliner davon, dass irgendwelche Immobilienfirmen kräftig vom Ausverkauf der Stadt profitieren? Die, die zuziehen wollen, ziehen zu, egal ob der alte Flughafen beabaut wird oder nicht. Berlin hat noch nie etwas für die Attraktivität der Stadt für die Zuziehenden gemacht. Sie sind trotzdem alle gekommen und sind von mir als geborenen Berliner herzlich willkommen. Das zeigt doch, dass Berlin, wie es ist, den Menschen gefällt und nicht zu einer der gleich aussehenden, unlebenswerten Metropolen werden darf.

  • C
    cyctologie

    @ansgar:

    wenn man keine ahnung hat....

     

    diese "brache" liegt mitten in einem wohngebiet und wird, soweit das wetter es zulässt, von tausenden menschen täglich zur naherholung genutzt.

     

    ich baue dort cannabis an.

    andere lassen ihre hunde spielen.

    kite, skateboard, drachen steigen, fahrrad fahren, joggen, sonnenbaden, knutschen, die erwähnten allmende gärten, kinder bau-spielplätze, kunstprojekte, motiv für viele viele fotografen...

     

    echt ansgar, halt einfach deinen mund.

  • I
    Ivulkansturm

    Was für ein Irrsinn.

    Sinnvoller wäre ein Volksbegehren für den Bau von Sozialwohnungen auf diesem Feld. Meinetwegen mit begrünten Dächern.

    Was soll dieser Irrsinn?

  • B
    Bogert

    Irgendwie fehlen immer wieder di entscheidenen Links in den Artikeln ...;)

     

    Hier geht es zu der Intitaive 100% Tempelhofer Feld:

     

    http://thf100.de

     

    Gruß

    Bogert

  • HO
    Harold O. Nowosad

    Haben Euch vergessen zu sagen dasss es echte Erben von Woelz Vetter Kowalzik und Philipowitz gibt - Meine Schwester und ich naemlich

    Harold O. Nowosad Toronto

  • B
    berliner

    Also ich als berliner bin da zwigespalten....wenn es 100 % dazu kommt dass am rande sozialer bezahlbarer wohnungsbau stattfindet (max 6 euro/qm) dann wäre ich für eine randbebauung. wenn es aber wieder einmal nur dazu kommt, so wie es eben meist der fall ist, dass nur wohnungen im luxussegment entstehen, hotels, einkaufszentren und der andere müll, dann stelle ich mich dagegen. Und da ich realistisch bin und eher zweit genanntes gebaut wird, bin ich gegen eine bebauung....soll doch n acker rauf mit schönen betonwegen für mein longboard...dass is mir alle mal lieber als wieder einmal alles mit hotels etc. zuzuballern...

  • A
    Ansgar

    Kann es sein, dass trotz (oder gar wegen?) zahlreicher Zuwanderungen aus anderen Teilen Deutschlands unsere Hauptstadt sich mehr und mehr zum Dorado von Witzfiguren entwickelt? Aber wenn die Berliner meinen, sich eine solche Brache leisten zu können...